von Dr. Johannes Lunger
Bitte verschont mich mit Statistiken mit 0.8% Corona-Toten und der ganze Rest ist an den Grunderkrankungen gestorben oder war er eh schon halb tot weil er über 90 war. Und bitte verschont mich mit Meldungen, das sei ein „normaler“ Grippevirus und wird nur gehypt. Das hat überhaupt nichts mit der Krankenhausrealität zu tun.
Ich habe gestern über eine Stunde mit einer Freundin telefoniert, die als Anästhesistin an einer Intensivstation in Pesaro arbeitet. Ich war und bin schwer erschüttert. Daher möchte ich einen kleinen Einblick in die Krankenhausrealität geben.
In Pesaro und Umgebung gibt es sehr viele Covid-Fälle, da im Februar ein Sportturnier mit ca. 20.000 Beteiligen u.a. aus der Lombardei ausgetragen wurde.
Die aktuelle Situation: Die Ärzte auf den Anästhesie-Stationen machen 12-Stunden-Schichten mit Schutzanzügen: extrem warm, Atmung erschwert, Telefonieren, Essen oder Toilettengänge bedeuten mit Aus- u. Anziehen des Schutzanzuges >20 Minuten Zeitverlust. Nach 12 Stunden ist man am Ende. Hinzu kommt die enorme psychische Belastung, da diesen Ärzten ca. 80-90% der Patienten unter den Händen wegsterben. Dabei handelt es sich nicht um bereits halbtote 90-Jährige, wo dann das Corona-Virus sozusagen als Zufallsbefund diagnostiziert wird. >80-Jährige werden überhaupt nicht mehr intubiert, von den >70-Jährigen nur die fittesten. Die Ärzte konzentrieren sich auf die 60-70-Jährigen, die eine Chance haben, die 3 Wochen auf der Intensivstation zu überleben.
Die Patienten kommen mit einer schlechten Sauerstoffsättigung auf die Intensiv, sind aber noch fit, d.h. sie haben keine Atemnot, sie telefonieren noch mit ihren Angehörigen und legen sich selbst ins Bett. Das Lungenröntgen sieht jedoch beeindruckend (schlecht) aus, und nach ein paar Tagen stirbt der Patient. Die Patienten liegen ca. 2 Wochen in Bauchlage intubiert, sind kurarisiert ( d.h. komplett relaxiert), damit sie die langfristige Intubation ertragen können. Sie müssen mehrmals täglich umgelagert werden (dazu braucht es jeweils 5 Personen). Nach 2 Wochen werden sie extubiert und auf der Intensivstation noch eine Wochen mit Maske überdruckbeatmet. Anschließend bleiben sie noch auf der nicht-intensiv-Infektionsstation, bevor sie entlassen werden – zumindest die wenigen, die überlebt haben.
Viele Patienten sterben an Nierenversagen, deshalb haben auch Diabetiker und Bluthochdruckpatienten ein stark erhöhtes Sterberisiko.
Dann heißt es wieder in den Medien: „Patient mit mehreren Vorerkrankungen“. Aber das heißt bitte nicht, dass der Patient an seinem Diabetes verstorben ist und das Corona-Virus nur zufällig anwesend war oder lediglich als letzter Tropfen das Faß zum Überlaufen gebracht hat. Ein 70-Jähriger mit gut eingestelltem Altersdiabetes und gut eingestelltem Bluthochruck kann locker 10 Jahre leben, aber er überlebt nicht die Intensivstation mit einer beidseitigen viralen (Corona) Pneumonie!
Also bitte verschont mich mit Statistiken mit 0.8% Corona-Toten und der ganze Rest ist an den Grunderkrankungen gestorben oder war eh schon halb tot weil >90.
Und bitte verschont mich mit Meldungen, das sei ein „normaler“ Grippevirus und wird nur gehiped.
Das hat überhaupt nichts mit der Krankenhausrealität zu tun. Die Lage in den Krankenhäusern haben nichts mit Fake-news zu tun! Und die Patienten sind keine Psychosomatiker, die aus Angst die Intensivstationen überrennen und von hilflosen inkompetenten Ärzten kritiklos intubiert werden. Es gibt eine italienweite Chat-Gruppe, wo viele Anästhesisten ihre Erfahrungen mit verschiedenen Behandlungsstrategien austauschen, um die Behandlung nach den neuesten Erkenntnissen zu optimieren. Verwaltungstechnisch besteht jedoch ein italientypisches Chaos, das auch zum Teil für die hohe Sterberate der Patienten verantwortlich ist. Diesbezüglich können wir schon relativ ruhig sein, weil unsere Krankenhäuser sehr gut und strukturiert arbeiten.
Was aber nicht bedeutet kann, daß wir lax in der Prävention sein können.Ich bin überhaupt kein ängstlicher Hysteriker oder kritikloser Verordungsbefolger. Ich kenne Artikel über La Roche Impfstofflobby, Bill Gates Fondation Sponsoring der WHO, ich weiß, dass die Vogel- und die Schweinegrippe ein gepushter hipe waren.
Aber ich glaube nicht, dass die Entscheidungsträger in all den verschiedenen Ländern hiflos-blöd-fehlinformiert sind oder korrupt mit einem verborgenen Nutzen, die gesamte Wirtschaft abzuwürgen. Sollte es gelingen, durch Prävention einen hohen Gipfel der Kurve zu verhindern, werden wir weniger Corona-Tote haben als bei einer schweren Grippewelle. (und die Corona-Bezweifler werden sich bestätigt fühlen).
Sollte die Kurve aber durch die Decke gehen, werden wir unzählige vermeidbare Tote haben. Und wenn wir uns dann eingestehen müssen, daß wir die ganze Sache unterschätzt haben und deshalb viele dieser Toten mitverschuldet haben, müssen wir damit leben. Also niemand weiß so wirklich, wie viel Einschränkungen nötig sind und ab wann diese kontraproduktiv sind. Aber ich glaube, daß wir uns im Zweifelsfall auf der vorsichtigeren Seite bewegen und nicht den coolen Besserwisser spielen sollten.
Noch ein paar Gedanken:
– wer heute im Krankenhaus stirbt, stirbt einsam (schlimm für den Sterbenden und die Angehörigen)
– die ganze Medizin dreht sich nur mehr um Corona-Patienten: Operationspläne sind gestrichen, Chemotherapien werden pausiert, Grundversorgung und Prävention gibt es nicht mehr.
– nach Corona wird es elend lange Wartezeiten geben
– ………und die Anästhesisten werden ausgelaugt sein, wenn der ganz normale Krankenhausstreß wieder weiter gehen soll.
Conclusio:
Bitte nicht zuhause depressiv vergraben!
Der nötige Respekt ist sicher gerechtfertigt.
Auch für mich sind viele Punkte nicht verständlich / schlüssig. Aber im Zweifelfall eher vorsichtig als cool sein. Und wenn´s nur aus Respekt gegenüber den Ärzten „an vorderster Front“ ist.
Schauen wir, diese Zeit positiv für uns zu nutzen und uns gesund zu halten, damit wir die Anforderungen „nach Corona“ gut meistern können
Schauen wir, unsere Alten zu schützen.Schauen wir, was Corona gesellschaftlich, psychologisch und ökologisch bringen wird.
In diesem Sinne
Auf eine baldige Umarmung „danach“
Johannes Lunger
Dr. Johannes Lunger ist Urologe in Meran. Er hat uns seinen Text zur Veröffentlichung gegeben.
Sehr kluger Artikel — die Statistiken bilden nicht die Population ab und sind deshalb Massnahmen um die schwer betroffenen Patienten richtig einzuordnen — mehr aber nicht. Deswegen sollte man jetzt auf die „Frontsoldaten“ vertrauen und die ver. Schh.. ernst nehmen. Vielen Dank an Dr. Johannes Lunger und an Oliver Natter fuer diesen ausgewogenen Artikel.
Endlich einmal ein Arzt der es gut und verständlich für die ganzen Ignoranten für die das Clopapier das Wichtigste ist, auf Papier bringt !
Besten Dank für ihre Worte und wenn es auch jetzt vielleicht auch nur ein paar Menschen mehr kapieren ist das schon ein Erfolg !
Gsund bleiben , zu Hause bleiben und Leben schützen ist jetzt die Devise !
So muss es doch jeder kapieren was gerade passiert! Ihr habt kluge Köpfe die für euch schreiben.
Ein sehr guter Beitrag zur Lage, leider geht der Satz: “ Also niemand weiß so wirklich, wie viel Einschränkungen nötig sind und ab wann diese kontraproduktiv sind. “ ein wenig unter. Er bleibt allein. Hier wünschte ich mir mehr.
Habe schon lange davor gewarnt. Wurde nur belächelt. Nicht mal jetzt wird man ernst genommen. Die lernen diesmal wieder nichts daraus. Nur, was danach kommt, wird noch viel schlimmer.
Was meinen sie damit? Was kommt noch schlimmeres?
Der Arzt erzählt uns nicht allzuviel neues. Er teilt uns nur seine Sicht auf die geschilderte Situation mit. Wer Augen hat zu sehen, Ohren hat zu hören und über ein gewisses Mass an menschlichem Mitgefühl verfügt, kann seinen Schlussfolgerungen selbstverständlich nur zustimmen.
Wir haben uns in unserer sog. Zivilisation eingebildet, von der Natur unabhängig zu sein, sie sogar zu beherrschen. Wir leben in Häusern, fahren in Autos und viele arbeiten in Büros. Da verliert man zunehmend den Kontakt zur natürlichen Umwelt. Jedesmahl wenn ein Erdbeben stattfindet oder ein Vulkan ausbricht und viele dadurch sterben, spenden wir Geld und machen weiter wie bisher. Jetzt hat es uns weltweit getroffen und wir wundern uns, wie mangelhaft wir doch darauf vorbereitet sind. Manche wollen die Gefahr nicht wahrhaben, verdrängen das Gefühl der Angst und andere drehen durch, sind hilflos und verwirrt und kaufen völlig unsinnige Mengen an Toilettenpapier.
Wenn das Ganze dann mehr oder weniger vorbei ist, werden die Meisten von uns „frohen Mutes“ wie bisher oder wie zuvor weitermachen. Die Jungen werden für den Erhalt der Umwelt streiken. Die Älteren werden wieder Geld für die verschiedenen Hilfsorganisationen spenden und damit ihr Gewissen beruhigen.
Vielleicht aber wird SARS-CoV-2
aber auch dazu beitragen, dass mehr Menschen als bisher begreifen, dass wir als Spezies auf der Erde nur noch als Gemeinschaft weiterexistieren können, in und mit unserer natürlichen Umwelt. Dieses zu begreifen genügt aber nicht, wir müssen etwas dafür tun und das geht eben nur über eine radikale Veränderung der menschlichen Gesellschaft.
Meine Sorge gilt uns Menschen ! das ist mein ehrliches Motiv , hier ein eindringliches Kommentar zu hinterlassen .
Ich bezweifle nicht die katastrophale Lage .
Aber was uns der Verstand auch sagt :
Wenn es so einfach wäre , hätten wir das Problem wohl auch nicht . Italien ergriff sehr früh strenge Maßnahmen und dennoch gibt es jetzt diese Zustände . Die Ursachen sind nicht monokausal , sie sind manigfaltig . Gesundheitssystem über Jahre kaputtgespart , hohes Durchschnittsalter , hohe Luftverschmutzung , hoher Zigarettenkonsum , hohe Feinstaubbelastung , viele Menschen außerhalb des Krankensystems , jetzige Panik und Hysterie , Verharmlosung und Verleugnung der Situation über viele Jahre etc etc
Die unseriös erhobenen Zahlen , die von jenen in Umlauf gebracht worden sind , die die Maßnahmen befürworten und verantworten , lauten 8% ! Und darüber . Von offizieller Seite verlautbart . Verschont uns bitte mit diesen falschen Zahlen ! . Sie verursachen nur noch mehr Angst .
Ein aufgeklärter und wissenschaftlich evaluierter Zugang für moderne Indudtriegesellschaften und Demokratien ist unerläßlich .
Eine grobfahrlässige Simplifizierung wird uns nicht retten sondern uns nur noch weiter in die Misere manövrieren .
Das Problem ist weit komplexer und differenzierter zu betrachten als manchen lieb ist .
Wir sollten nicht angstorientiert und naiv an die Sache herangehen . Angst ist grundsätzlich ein schlechter Ratgeber . Ignoranz ebenso .
Meine Sorge gilt uns Menschen ! das ist mein ehrliches Motiv , hier ein eindringliches Kommentar zu hinterlassen .
Lieber Herr Springer-Lederer, ich lebe 40km von Pesaro entfernt. Ihre Ansicht von Italien treffen hier in der Gegend nicht ganz zu. Also weder rauchen hier viele, noch ist die Luftverschmutzung hoch. Pesaro liegt direkt an der Küste, hat ehrer mittelständische Betriebe. Wir selbst sind im hügeligen Hinterland und die Luft ist so gut, dass man sie in Flaschen füllen und in die Städte verkaufen könnte. Es gibt eine gesetzliche Krankenversicherung, die wenig bis gar nichts kostet. Der Arbeitgeber übernimmt mehr als der Arbeitnehmer. Ich lebe in Italien und bin auch dort gesetzlich krankenversichert. Was stimmt, dass im Gesundheitsystem massiv eingespart wurde. Das war eine Auflage der EU zur Reduzierung des Staatdefizits. Laut EU darf Italien nicht mehr als 0,9% haben. Also weniger als halb so viel wie andere EU Staaten, als Folge der Finanzkriese von 2008. Laut „Statistika“ hatte Italien 2016 das weltweit 8. beste Gesundheitssystem. Was ich sagen will, relativieren Sie die Krankheit nicht. Die ist gefährlich und tückisch. Die Frau eines guten Freundes liegt in Bayern im künstlichen Koma zur Beatmung. Alter ist Anfang 50. Ohne Vorerkrankungen. Und das zweite, was ich noch sagen will. Bitte nicht spalten, sondern solidarisch helfen. In ganz Europa. Sonst wird es das in der Art bald nicht mehr geben.
Liebe Frau Geiss, besten Dank für ihren wertvollen Kommentar.