„Luag, i kann.”
Etwas verlangsamt und merklich abwesend kommt von der alten Sitzbank ein „Mmh, schön, schön Schatz.“
Rumps.
von Lydia Gaßner:
Die alte morsche Holzstiege hält den Druck des übergewichtigen Kindes, welches mit dem Rücken zur Leiter lehnt, nicht mehr stand und bricht. Das Kind, hauptsächlich die Grobmotorik mit dem rechten Daumens beim Streichen über das Tablett während der Kleinkindzeit gelernt, steigt nun plump mit dem linken Fuß ins Leere. Es fällt wie ein glitzernder rosa Sack mit Gesicht voran nach vorne. Ganz im Sinne von Mike Krüger.
Ein Weinen hallt am frühen Sonntag Morgen über den leeren Spielplatz.
Ein leises „Gleich Schatz,“ ist zu hören.
Mit Stöhnen richtet sich das dicke Kind auf und schrie:
„UAAAH, ROT! LUAG AMOL. ZAAAHN“
Durch die verkümmerte sensorische Integration, hauptsächlich hervorgerufen durch das veraltete Erziehung Schema von alten Zeiten „nur nicht zu viel verwöhnen“ und stundenlangem Schreien lassen in der Nacht, quasi Ferber Methode, war es dem Kind nicht möglich, einen vollständigen Satz auszusprechen.
Und hier liebe Leserinnen und Leser, muss ich mich doch dann einbringen. Weil, dass das Kind mit ausgestreckten Händen wie ein Zombie, ganz im Sinne jetzt von Freddy Krueger, blutverschmiert im Gesicht und mit aufgeschürfte Knie auf ihrem Erziehungsberechtigten (*Gleichstellung, Gleichberechtigung, Gleiche Würde zumindest am Papier) zuwankte, lässt die Mutter (da stellen wir uns dann doch wieder eine Rabenmutter vor), die einen haschen Blick auf das bewegte Objekt warf, weil in ihrer Wahrnehmung doch kurz Gefahr von Rechts zu drohen scheint, dann doch mal das Smartphone in Ruhe, war das eine. Die Methode, Babys wie Soldaten zu behandeln und auf Kommando schlafen zu können, damit die Eltern eine Ruhe haben, ist das andere. Das sind Erziehungsmaßnahmen, die genau in die Gegenrichtung steuern, die uns eigentlich die Forschung und Entwicklung jahrelang schon aufzeigt. Körperkontakt, Kuscheln und Singen, Nähe und Geborgenheit, das sind Dinge, die die Entwicklung und Gesundheit bei Kindern fördert.
Aber stattdessen kommen diese in einen separaten Raum, mit ihrem Lieblingskuscheltier, und wenn sie dann nicht schlafen, werden sie ins Stiegenhaus gestellt. Und dann wundert man sich, wenn die Kinder mit Sieben keinen geraden Satz heraus bekommen, sich nicht in eine soziale Gruppe eingliedern können und mit 13 alleine in Nachtlokalen irgendwo in Deutschland abhängen. Aber der Hund oder die Katz‘, die dürfen im Bett kuscheln. Weil Kuscheln ist so fein, halt nur für den Erwachsenen.
Der hat es ja selber als Kind nicht erleben dürfen, genauso wie er den kaltherzigen und herablassenden Umgang seines Vaters mit der Mutter erlebt hat, und den Krieg miterlebt hat, und die wachsenden Wirtschaft und den Kaufrausch miterlebt hat, und den Drogenkonsum miterlebt hat, und Schlägereien miterlebt hat, und wie Michael Jackson den Moonwalk getanzt hat, obwohl der ja auch eine scheiß Kindheit hatte. Dem hat das alles nichts geschadet, deswegen müssen seine Kinder auch durch diese Zeit. Genauso wie alle die Zähne verloren haben. Aber früher sind sie halt noch freiwillig herausgehüpft, weil das Leben scheinbar so lustig war und nicht ständig jeder jeden verklagt. Weil man entweder den Zahn der Zeit triff, oder an den Zahn der Zeit nagt.
In diesem Sinne wünscht die SUSI einen schönen Sonntag!