Für viele ist der Fernseher, der heute in Form von Smartphone oder Tablet immer dabei ist, der beste Babysitter der Welt. Gerade in Zeiten von Lockdown, Homeschooling und Home Office greifen viele Eltern dazu, damit das Firmenmeeting oder die Hausaufgabe mit den älteren Kindern ungestört ablaufen können. Doch welche Serien sind unbedenklich für Kleinkinder und pädagogisch sogar sinnvoll?
Von Bandi Koeck
Vorweg ein paar Gedanken an besorgte Eltern
Dieses E-Book ist für alle verantwortlichen Eltern gedacht, welche sich Gedanken machen, was ihre Kinder im Fernsehen respektive Internet konsumieren.
Der sogenannte „beste Babysitter der Welt“ ist heute für viele nicht mehr wegzudenken und in Form eines Smartphones mit Internetzugang immer dabei. Die Auswahl auf Streaming- sowie Video-on-demand-Plattformen ist schier unendlich (YouTube, Vimeo, Netflix, Amazon Prime u.a.).
Besonders auffallend ist, dass bereits Kleinkinder ab einem Jahr das Handy oder Tablet von ihren Erziehungsberechtigten in die Hand gedrückt bekommen. Studien zufolge steht dabei Russland an erster Stelle – was ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann.
Gerade in Restaurants sieht man Familien zwar an einem Tisch sitzen, doch nur die Eltern widmen sich gegenseitige Aufmerksamkeit, ihre Kinder sind quasi „stumm“ gestellt, denn sie starren wie hypnotisiert in Handy oder Tablet, manche sogar mit Kopfhörern in den Ohren, und werden manuell von den Eltern dabei gefüttert. Ab und zu ist eine Emotion seh- oder hörbar.
Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln (Bussen, Zügen, Flugzeug etc.) fällt auf, dass vom Sprössling bis zum Greis alle nur mehr in ihre Smartphones schauen – die sog. „Smombies (engl. Für Smartphone Zombies) sind geboren, was zu immer mehr Verkehrsunfällen führt.
Das Handy als ständiger Begleiter ist immer und überall dabei und darf wie auch Fernseher in keinem Kinderzimmer fehlen.
Verantwortungsvolle Eltern wie Sie machen sich Gedanken zur Nutzung. Dabei tauchen Fragen auf, ab wann es sinnvoll ist, Kindern ein Handy zu geben oder gar kaufen und welche Apps und Sendungen ihre Liebsten nutzen sollen/dürfen.
Wichtig ist meines Erachtens, dass Sie als Eltern immer wissen, was ihr Kind an Fernsehserien oder Filmen konsumiert, dass sie feste „view-times“, Zeiten, an denen das Kind schauen kann, gemeinsam festlegen und diese auch konsequent einfordern und sich dabei nicht erpressen lassen.
Ebenfalls sind sich Pädagogen wie Psychologen einig, dass Kleinkinder ein viel geringeres Benutzen von Serien haben dürfen als ältere und dass die FSK – die Empfehlung für welches Alter ein Film oder eine Serie oder ein Computerspiel geeignet ist – als Orientierung auch genutzt wird.
Ganz wichtig erscheint Psychologen und Erziehern, dass mit den Kindern darüber gesprochen wird, was sie gerade angeschaut haben. Es ist schockierend, wie viel unpassende Werbeeinschaltungen bereits nachmittags oder frühabends erscheinen (Werbung für Suchtmittel wie Alkohol oder Tabak oder Sex-Spielzeuge etc.). Um Ihr Kind bestmöglich davor schützen zu können, können sie zumindest am Handy oder auf Smartphones geeignete Filter einstellen. Ich empfehle auch die App „YouTubeKids“ und nicht das normale „YouTube“ zu verwenden, da dieses speziell für kleine Zuseher gemacht wurde und hier eine bessere Kontrolle besteht. Zudem können Passwörter am TV-Gerät und Handy helfen und diese vor ungewollter Nutzung schützen.
Unabdingbar ist es, dass Kinder auch Sendepausen machen und nicht wichtige Mahlzeiten (Frühstück, Mittag- oder Abendessen) vor dem Fernseher oder mit dem Handy in der Hand einnehmen, da dies das Sättigungsgefühl und die bewusste Nahrungsaufnahme vehement stört.
Ich wünsche Ihnen viel Geduld und das richtige Bauchgefühl, beim Auswählen der richtigen Sendungen. Die folgende Aufstellung soll Ihnen dabei behilflich sein.
Pädagogisch wertvolle Kinderserien
Wir machen eine kleine Reise von älteren Kinderserien zu Neuerscheinungen:
PINOCCHIO: Der Kinderbuchklassiker schlechthin, den sogar Autoren wie Alexej Tolstoi adaptierten. Die Figur des italienischen Autors Carlo Collodi wurde bereits 1881 bekannt, als die Geschichte in einer italienischen Wochenzeitung als Fortsetzungsgeschichte mit der Holzfigur Pinocchio (Wortspiel „Dummköpfchen“) erschien. Aufgrund der steigenden Popularität entschloss sich Collodi 1883 dazu, ein Buch daraus zu machen. Pinocchio verwandelt sich am Ende der Geschichte nur dann in einen richtigen Jungen (Prozess des Erwachsenwerdens), wenn er hilfsbereit und fleißig wird. Pinocchios Nase wächst bei jeder Lüge beträchtlich, was ihn verrät und letztlich vom Lügen abbringt. Zudem wird Kindern vermittelt, artig zu sein und zur Schule zu gehen und stets auf dem rechten Weg zu bleiben. Die Figuren mit Erzieherfunktionen wie Geppetto reagieren weniger autoritär, sondern verständnisvoll und nachsichtig, wie es Eltern, Familie oder andere Erzieher wohl tun würden. Die verschiedenen Streamingplattformen warten mit dutzenden Cartoon- wie Spielfilmversionen auf.
NILS HOLGERSSON: Die „Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen“ ist eine japanische Anime-Serie aus dem Jahr 1980,welche auf dem gleichnamigen Roman der schwedischen Schriftstellerin Selma Lagerlöf basiert. Der kleine Blondschopf Nils ist der einzige Sohn von zwei armen Bauersläuten und hat es sich zur Angewohnheit gemacht, Tiere zu quälen und malträtieren. Selbst um seinen Hamster Krümel, den er geschenkt bekommen hat, kümmert er sich nicht. Als Nils eines Sonntags wieder einmal nicht zur Kirche will, muss er zu Hause bleiben und eine Predigt lesen. Dort trifft er schon bald auf ein kleines Wichtelmännchen und erpresst dieses, die Predigt in seinen Kopf zu zaubern. Doch das Wichtelmännchen will sich nicht auf solch einen Handel einlassen und schrumpft Nils und Krümel zur Strafe für all seine Untaten auf Däumlingsgrösse. Ab jenem Zeitpunkt versteht er die Tiere und sie auch ihn und er beginnt sein Verhalten zu ändern. Dies ist der Beginn einer wundervollen Freundschaft. In Deutschland gibt es mehrere sog. Nils-Holgersson-Schulen mit pädagogisch wertvollen Schwerpunkten.
CAILLOU: Was für Kinder der 80er wohl Serienklassiker wie Biene Maja, Alf, Knight Rider oder das A-Team waren, sind für die sog. Millenials Caillou, Hello Kitty oder Bob der Baumeister. Die frankokanadische Autorin Christine L`Heureux und die Zeichnerin Hélène Desputeaux schufen den kleinen „Glatzkopf“ – wie der Name aus dem Französischen übersetzt werden kann. Gerade kursieren wilde Verschwörungstheorien in sozialen Netzwerken, die Vorlage für Callou sei ein an Krebs erkrankter und mittlerweiler gestorbener Junge, sind absoluter Schwachsinn. Der Grund, weshalb die Zeichentrickfigur glatzköpfig ist, sei, damit sich Kinder jeder Haarfarbe und Figur damit identifizieren können und niemand ausgeschlossen werde. Ein weiterer Grund ist der Wiedererkennungswert ohne Haare. Caillou ist ein vierjähriger Junge, der fasziniert die Welt entdeckt und von seiner Familie und seinen Freunden durch diese geführt wird. Die Serie zeichnet sich dadurch aus, dass sie vom Verständnis her recht einfach gehalten ist und alltägliche Herausforderungen widerspiegelt. Die Dialoge sind einfach zu verstehen und Caillou (und dem Zuschauer) werden viele Dinge in verständlicher Form erklärt. Caillous Eltern werden als Ideal dargestellt und wissen sowohl im Umgang mit den Kindern als auch mit den Antworten auf Fragen eine sehr gute Lösung. Neben der vorbildlichen Erwachsenenrolle benennt die Erzählerin die Gefühle von Caillou (Freude, Angst, Trauer, Wut etc.) mit den richtigen Wörtern, die den Kindern dieser Altersstufe häufig noch nicht zur Verfügung stehen. 2011 machte die Universität von Virginia einen Test an mehreren Vierjährigen auf dem Gebiet der Aufmerksamkeit bei verschiedenen Aktivitäten. Die Vierjährigen wurden in drei Gruppen aufgeteilt: die erste schaute Caillou, die zweite Spongebob Schwammkopf und die dritte malte. Gruppe eins und drei schlossen am Ende besser ab.