Der in Feldkirch-Tisis wohnhafte Günter König – seines Zeichen frisch gebackener Meister (davon gibt es in Vorarlberg weniger als eine Handvoll) – verrät im Interview, wie er durch Wing Tsun im Alltag profitiert und was ihn bewegt.
Von Bandi Koeck
Gsi.News: Wie genau bist du zu dieser Kampfkunst gekommen?
Günter König: 2001 ging ich nach Bregenz zu Sifu Mario Janisch, da ich zuvor massiv zusammengeschlagen wurde. Nach einem zertrümmerten Ellenbogen und einem längeren Krankenhausaufenthalt nahm mich ein Freund mit, um wieder mehr Beweglichkeit in meinen zuvor steifen Ellenbogen zu gewinnen. Mein Sifu unterstützte mich sehr, meinen Ellenbogen wieder in eine Streckung und Beugung zu bringen. Sifu Mario macht mitlerweile seit 40 Jahren Wing Tsun.
Gsi.News: Welchen beruflichen Background hast du?
König: Ich machte eine Lehre als Installateur, wuchs aber im Gastgewerbe auf. Nach der Lehre arbeitete ich im Betrieb meiner Eltern.
Gsi.News: Warum gerade Wing Tsun und nicht Karate, Judo oder Kickboxen?
König: Damals war unter den Türstehern aus Vorarlberg klar, dass Wing Tsun am Effektivsten ist, weil es eine funktionelle Kampfkunst ist. Bewegung, Gesundheit und Selbstverteidigung stehen dabei im Vordergrund. Primär ging ich wegen der Bewegung dorthin. Mich faszinierte, mit wie wenig es effektiv ist. Wing Tsun lebt vom Timing. Umso besser das Timing ist, umso weniger Energie brauche ich. Nicht die Bewegung, sondern die Strategie steht im Vordergrund. Diese versuche ich zu Verinnerlichen. Man kann das ein bisschen mit Schach vergleichen: Zuerst stelle ich meine Bauern auf, dann kommt es darauf an, was der andere macht. Beim Schach wäre das, mit mehreren Figuren gleichzeitig zu ziehen. Diese Bewegung ist eine Reaktion, die an die Aktion angepasst wird.
Gsi.News: Wie ging es anschließend weiter?
König: Ich machte meine ersten zwölf Schülergrade. Dafür brauchte ich zwei Jahre, ich war sehr fleißig. In Heidelberg machte ich beim Dachverband EWTO einen Übungsleiter und unterstützte später meinen Lehrer beim Kindertraining. Später habe ich mich beruflich umorientiert und habe eine Ausbildung als Sanitärplaner gemacht. Im Zuge dessen zog ich 2005 nach Luzern. 2006 übernahm ich eine Wing Tsun Schule in Cham im Kanton Zug. 2007 eröffnete ich eine weitere Schule in Luzern. Es funktionierte hervorragend und ich hatte damals schon über 100 Schüler. Nach absolvierter Lehre eröffnete ich eine dritte Wing Tsun Schule in Schwyz im gleichnamigen Kanton und entschied mich, dies hauptberuflich zu machen. Die ersten paar Jahre jobbte ich noch als Türsteher etwa im Downtown in Luzern oder bei einer Sicherheitsfirma.
Gsi.News: Später bist du wieder zurück ins Ländle gezogen. Wie kam es dazu?
König: Richtig, 2018 zog ich zurück nach Vorarlberg und kaufte ein Haus in Feldkirch-Tisis und eröffnete eine eigene Wing Tsun Schule in der Montfortstadt. Meine drei Schweizer Schulen wurden von einem meiner Schüler übernommen.
Gsi.News: Was bietet deine Schule?
König: In Feldkirch haben wir jeden Mittwoch Kindertraining von 17 bis 18 Uhr in der Carina, das Jugend- und Erwachsenentraining findet am Freitag von 16 bis 17 Uhr in der Poly-Turnhalle statt. Zudem findet mittwochs von 18.30 bis 20 Uhr ein Erwachsenentraining in der SPF-Turnhalle in der Gymnasiumstraße beim Montforthaus statt. Unser jüngster Teilnehmer ist 6 und der älteste ist 60. Einer meiner Schüler ist blind, wir sind offen für alle. Wir machen Gewaltpräventionskurse und auch Kurse nur für Frauen. Wing Tsun passt sich an deine körperliche Struktur an, sogar für Personen im Rollstuhl ist es möglich. Ganz klar stehen Selbstbehauptung und Gewaltprävention im Vordergrund. Bei uns lernen Kinder, wie man sich in einem verhältnismäßigen Rahmen wehrt, sprich weder zu schnell zuzuschlagen als auch in eine Opferrolle zu fallen.
Gsi.News: Vergangene Woche hast du etwas geschafft, worauf du über zwanzig Jahre hingearbeitet hast. Erzähl bitte mehr davon?
König: Ich bin seit fünf Jahren in der Vorbereitung, dass ich Meister werde. Im Wing Tsun gibt es vier Lehrergrade, nach dem dritten wurde ich „Sifu“ (chinesisch für „väterlicher Lehrer“), gefolgt vom Meistergrad. Ich besuchte meinen Großmeister Kernspecht in Kiel in Deutschland, der mir mit seinen 76 Jahren die schwere Prüfung abnahm. Es war für mich eine sehr große Ehre, dass er sich dafür bereit erklärt hat. Geprüft wurde ich auf inneres WingTsun. Dies behandelt die sog. innere Stille. Dabei geht es um Kontaktpunkte und Achtsamkeit. Damit schuf er eine ganz neue Form des Wing Tsun. Er hat viel Ziehen und Drücken mit mir gemacht. Es war für mich unvorstellbar, wie er es mit zwei Kilo Körperkraft geschafft hat, mich aus den Füßen zu heben.
Gsi.News: Wie geht es bei dir in der nahen Zukunft beruflich weiter?
König: Ich werde mich zum sechsten Meister (sechs Jahre Vorbereitungszeit, Anm.) vorbereiten (lacht). Das schöne an dieser Sportart ist, dass es ein ständiges Weiterentwickeln und Verbessern ist. Genau darum geht es ja auch im Leben. Wir optimieren und verbessern es, wir arbeiten daran. Es gibt nämlich nicht den Punkt, wo du sagst: „Jetzt bin ich Meister, jetzt trainiere ich nicht mehr!“ Ich freue mich extrem, dass ich diese Prüfung geschafft habe und es ist ein sehr großer Schritt für mich. Meinem Meister Mario Janisch gebührt ein großer Dank, er hat mich sogar nach Kiel begleitet. Wir werden die Schule vergrößern und die Kinderkurse ausbauen, denn es gibt eine sehr große Nachfrage.
Gsi.News: Welche Einschränkungen erlebtest du während den Lockdowns?
König: Ich war an einem Punkt, wo ich überlegte, die Schule komplett zu schließen. Doch meine Überzeugung, dass Bewegung das wichtigste für Kinder und Jugendliche ist, lässt mich weitermachen .Ich hatte das Glück, dass ich bei der Stadt Feldkirch eingemietet war und somit keine Miete zu zahlen hatte. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Stadt, die dies ermöglich hat. Die 20 m2 Regel erlaubt es nicht, das Kinder- und Jugendtraining in der gewohnten Form durchzuführen. Es werden daher ständig neue Lösungen gesucht und auch gefunden. Eine große Hilfe war das Freiwillige Büro für Engagement in Bregenz. Während der Coronazeit erhielt ich sehr viele Anfragen von Interessierten und konnte aber nicht sagen, wann wieder Trainingsbeginn sein wird. Das Erwachsenentraining kann erst seit kurzem stattfinden, das Kindertraining seit zwei Monaten. Es ist extrem mühsam, zu planen und mit vielen bürokratischen Hürden verbunden. Seitens der Politik wurden diverse Sportstätten extrem vernachlässigt. Viele Freunde in Deutschland und der Schweiz haben mit ihrer nackten Intelligenz zu kämpfen. Ich schaue voller Zuversicht voraus und gehe davon aus, dass sich bald alles wieder verbessert und alle wieder ins Training finden werden – nicht nur bei mir sondern in allen Sportarten.
Gsi.News: Alles Gute dafür!
Zur Person:
- Günter König
- Geboren am 27. 02. 1981 in Lustenau
- Familie: verheiratet, 2 Töchter
- Beruf: Selbstständig
- Hobbys: Fahrrad und Motorrad fahren
- Tel: 0660 8889933
- Kontakt: www.selbstverteidigung-feldkirch.at
- E-Mail: info@selbstverteidigigung-feldkirch.at