Jubiläum mit Buchpräsentation im Landhaus
Am 4.12. feierte das Wirtschaftsarchiv Vorarlberg (WAV) im Montfortsaal seine ersten 40 Jahre mit persönlichen Rückblicken seiner Gründerväter, einem Kamingespräch mit Vertretern aus Vorarlbergs Wirtschaft sowie der Präsentation seiner mittlerweile 115. Publikation, einem Buch zum Jubiläum.
Landesstatthalterin Barbara Schöbi Fink gratulierte als Gastgeberin für das Land Vorarlberg und bezeichnete die Geschichte des Wirtschaftsarchivs als faszinierende Reise durch vier Jahrzehnte, die die stetige Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Landschaft Vorarlbergs dokumentiert. Dabei unterstrich sie die große Relevanz für die Gesellschaft und die kommenden Generationen, denn das Wirtschaftsarchiv trage dazu bei, die Identität unseres Landes zu stärken, indem es das Erbe unserer Wirtschaft lebendig hält und als wertvolle, anerkannte Ressource für Forschung und Bildung dient. Wirtschaftsarchiv-Vorsitzender Arno Fitz zeigte in seinen Statements die gesellschaftlichen sowie sozialen Rahmenbedingungen für ein Wirtschaftsarchiv auf und skizzierte mögliche Zukunftsszenarien für das nach wie vor erste und einzige regionale Wirtschaftsarchiv in Österreich.
Gründungsväter
Die Gründungsväter Wolfgang Ilg (damals WKV) und Josef Feurstein (damals IV), die durch ihren großen persönlichen Einsatz die Gründung ermöglicht hatten, erzählten im Interview mit Friederike Hehle über die Entstehung und die ersten Jahre des Wirtschaftsarchivs Vorarlberg. Dabei nahmen sie die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise in das Jahr 1983, als das Ländle und seine Textilindustrie gerade enorme und einschneidende Veränderungen durchlebte. Unter anderem mit „Ordnerprämien“ und viel Überzeugungsarbeit ist es damals gelungen, viele unwiederbringliche Bestände aus der Wirtschaft – und somit heute wichtiges Kulturgut – zu retten.
Kamingespräch
Über ihren persönlichen Zugang zu Geschichte und welche Bedeutung diese im Unternehmen hat, sprach Karlheinz Kindler mit Marie-Luise Dietrich (Hermann Pfanner Getränke), Sophie Janner (illwerke vkw), KR Erich Lingenhöle (Lingenhöle Technologie) und Clemens Tinzl (Kästle). Das fesselnde Gespräch hat aufgezeigt, wie unterschiedlich die Zugänge von Unternehmer zur Geschichte sind. Für Traditionsunternehmen, Technologie Start-Ups, Fortführer alter Traditionsmarken oder junge digital natives hat Geschichte jeweils eine andere Bedeutung und Funktion. Dass sie aber für Unternehmen grundsätzlich wichtig ist, zog sich als Konstante durch die Diskussion. Im Gespräch hat sich wieder einmal bestätigt, wie sehr private Erlebnisse prägen und wie wichtig schon immer persönliche Bekanntschaften waren. Dazu hörte man das passende Zitat „Heute ist man auf Facebook, früher war man bei den Pfadfindern“.
Wirtschaftsarchiv heute
Nach Geschichte und Geschichten über die letzten 40 Jahre zeigte Gerhard Siegl als Geschäftsführer, wo und in welcher Rolle das Wirtschaftsarchiv Vorarlberg heute zu sehen ist. Er brachte dazu Perspektiven für die Zukunft ein und präsentierte – überraschende und gleichzeitig sehr erfreuliche – internationale bzw. nationalen Einschätzungen, die das Wirtschaftsarchiv Vorarlberg tatsächlich als Benchmark und in Österreich als Vorbild für andere Wirtschaftsarchive zeigten.
Jubiläumsbuch
Zum Finale wurde von Gerhard Siegl, Wolfgang Meixner und Patrick Kupper die bereits 115. Publikation des Wirtschaftsarchiv Vorarlberg präsentiert. Dieses zusammen mit der Universität Innsbruck herausgegebene neue Buch „Regionale Wirtschafts- und Sozialgeschichte im Zeitalter globaler Krisen“, kann angesichts der aktuellen großen Krisen als eine echte Punktlandung gesehen werden und ist in der Reihe „Sozial- und wirtschaftshistorische Studien“ erschienen. Es unterstreicht damit auch die wissenschaftliche Arbeit und Bedeutung des Wirtschaftsarchivs.
2000 Jahre vor Ort
Mit den anwesenden Unternehmen und Institutionen (Pfanner Getränke, illwerke vkw, Lingenhöle, Kästle, Gebrüder Weiss, Getzner, Hämmerle Holding, Baur, IV, Wirtschaftskammer, AK usw.) waren insgesamt rund 2000 Jahre an Vorarlberger Wirtschaftsgeschichte vor Ort. Gefeiert wurde gemeinsam mit zahlreichen Partnern, Mitgliedern, Zeitzeugen und Wegbegleitern. Darunter auch die Autoren des Jubiläumsbuchs sowie zahlreiche Vertreter von Archiven in Vorarlberg und darüber hinaus.
Rückblick – Wie kam es zur Wirtschaftsarchiv Vorarlberg-Gründung?
Vor 40 Jahren stellte Microsoft Windows 1.0 vor, das erste Handy wog 800 Gramm und kostete 4000 Dollar, Hohenems wurde zur Stadt erhoben, und der Dalai Lama besuchte Vorarlberg. Das „Wälderbähnle“ stellte seinen Betrieb zwischen Bregenz und Kennelbach ein, in Braz verschüttete eine Mure 27 Häuser. In Bregenz wurde vom Landtag eine neue Landesverfassung verabschiedet, Bruno Kreisky ist zurückgetreten, in der BRD und der DDR gingen Millionen gegen den NATO-Doppelbeschluss auf die Straße, und die gefälschten Hitler-Tagebücher sorgten für medialen Wirbel. Und auf die Welt gekommen sind in diesem Jahr u.a. der Rennfahrer Christian Klien und die „Swatch“ …
1983 wurde auch das heutige Wirtschaftsarchiv Vorarlberg (WAV) gegründet. Das Ländle erlebte damals turbulente Zeiten. Schlagzeilen über die Schließung großer Textilunternehmen waren an der Tagesordnung. Daran erinnern heute nur mehr die Gewerbeparks, die auf vielen früheren Fabrikarealen entstanden sind. Dieser spürbare Strukturwandel machte deutlich, wie schnelllebig unsere Wirtschaft ist.
Um vergangenes Wissen zu bewahren, gründeten Interessensvertreter, Historiker und Pädagogen eine Einrichtung zur Dokumentation und Vermittlung von Vorarlbergs Wirtschaftsgeschichte – das heutige „Wirtschaftsarchiv Vorarlberg“.
Es besteht als eigenständiger Verein mit einem ehrenamtlich tätigen Vorstand unter dem Vorsitz des Historikers Arno Fitz sowie seinen Stellvertretern Friederike Hehle (historizing. Agentur für Geschichte) und Karlheinz Kindler (IV). Weiters den Vorstandsmitgliedern Karl Huber (Mohrenbrauerei), Petra Kreuzer (WKV), Thomas Matt (AK), Rupert Tiefenthaler (FL-Landesarchiv) und Christoph Volaucnik (Stadtarchiv Feldkirch). WAV-Geschäftsführer ist Gerhard Siegl.
Zu den Mitgliedern und Förderern des Wirtschaftsarchivs zählen zahlreiche Unternehmen, Kommunen und Einzelpersonen. Den Löwenanteil bestreiten die Wirtschaftskammer, das Land Vorarlberg, die Arbeiterkammer, die illwerke vkw AG und die Industriellenvereinigung.