Gott ist heilig, daher ist auch sein Wort heilig und damit unantastbar. Es ist nicht fehleranfällig und darf nicht nach dem Prinzip der kritischen Prüfung, wie wissenschaftliche Aussagen, hinterfragt werden.
Die Gesellschaften, von denen die hebräische Bibel erzählt, waren allesamt vom Patriarchat bestimmt. Entsprechend ist auch ihr Frauenbild. Spätestens als diese Schriften ins Griechische übersetzt wurden (Septuaginta, 250 Jahre v. Chr.) hätte der Heilige Geist eingreifen müssen und die frauenfeindlichen Ideen der Patriarchen eliminieren. Platon (427 – 347 v. Chr.) und Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) haben diese Frauenverachtung dezidiert ausformuliert. Nach Platon und Aristoteles sind Frauen ihrer Natur nach minderwertig. Für Platon sind Frauen das Ergebnis einer physischen Degeneration des Menschen. Aristoteles behauptet in seiner ansonsten großartigen Biologielehre Frauen seien unfruchtbare Männer. Es waren immer auch die großen Denker und Philosophen nur begrenzte Menschen – von den Ideen ihrer Zeit beeinflusst – und vertraten neben großartigen neuen Lehren viel traditionellen Unsinn. Beim absolut perfekten, heiligen Gott, der sich in der Bibel offenbart, widersprechen diese frauenfeindlichen Aussagen seiner angeblichen Liebe und seiner Vollkommenheit.
Schon im Schöpfungsbericht wird die Frau als Verführerin dargestellt.
1 Mos 3, 12 „Die Frau, die du mir gabst, gab mir von der Frucht, und ich aß“, verteidigt sich Adam vor Gott, der darauf Eva zum Gebären mit Schmerzen und zur Magd des Mannes verdammt.
1 Mos 3, 16 „Er soll Herr über dich sein.“
An zwei Stellen sind die zehn Gebote im AT zu finden. Zum Thema Frauen ist das zehnte beziehungsweise das neunte Gebot relevant.
Deuteronomium IX. 5, 21 „Du sollst nicht Begierde haben nach dem Weibe deines Nächsten.“
Exodus X. 20, 21 „Du sollst nicht begehren das Weib deines Nächsten und auch nicht seinen Knecht, seine Magd, sein Rind, seinen Esel und nichts von dem, was deinem Nächsten gehört.
Der Anspruch diese Gebotes zeigt, dass es mit einer Form von Besitz und Eigentumsgarantie verbunden war, die von der freien und offenen Beziehung, wie wir sie heute zu führen versuchen, meilenweit entfernt ist. Immerhin erscheint die Frau in der Wertordnung des Gebotes noch vor Rind und Esel. Das Gebot ist eine typische moralische Forderung einer patriarchalen Gesellschaft, in welcher der Mann – nach Paulus der Abglanz Gottes und die Frau der Abglanz des Mannes – über alles herrscht. Heute fragen bereits Kinder im Religionsunterricht, warum Gott das Gebot nicht auch an die Frau gerichtet hat: „Du sollst nicht begehren den Mann deiner Nächsten!“
Psychologisch ist dieses Gebot ebenfalls fragwürdig. Was soll so schlimm daran sein, sich an einem schönen sympathischen Menschen zu erfreuen und sich zu ihm hingezogen zu fühlen. Gegen das Begehren zu kämpfen, das ein anderer in uns weckt, ist als würde man gegen die Schwerkraft kämpfen. Aber zwischen dem Erfreuen und dem unschicklichen Verhalten einem anderen gegenüber liegen Welten.
Das Verbot, die Frau zu begehren, ist zudem unvollständig, denn es gibt auch Leute, die die Frau des Nächsten nicht begehren, weil sie den Nächsten selbst begehren.
Leider ist auch in unserer Gesellschaft dieses Besitzdenken immer noch virulent. Heute noch ist die Formulierung bei Trauungen zu hören: „Ich gebe sie dir zur Frau.“ Regelmäßig gibt es in den Medien Berichte über Misshandlung, Vergewaltigung und Ermordung von Frauen. Oft ist dieses biblische Besitzdenken die Ursache.
Die Ware Frau, die sich der Mann erwarb, musste natürlich eine Jungfrau sein. Dieser Jungfräulichkeitswahn führt zu einer mörderischen Einstellung.
Dtn. 22, 13 – 21
Da wird die Handelsware Frau von ihrem Vater einem Mann gegeben. Die Tochter hat das einfach hinzunehmen. Behauptet anschließend dieser Mann, dass diese nicht mehr jungfräulich ist, wird vor den Stadtvorstehern das Bettuch ausgebreitet (verbaliter) und nachgeschaut, ob das Hymen noch vorhanden ist. Wenn dieses fehlt, sollen die Männer ihrer Stadt diese Hure vor der Tür ihres Vaterhauses zu Tode steinigen. Sie habe nämlich ihr Vaterhaus zu einem Hurenhaus gemacht. Die geschilderte Prozedur ist derart entwürdigend und verletzt zutiefst die Gefühle jedes normal empfindenden Menschen.
Das Buch der Sprüche ist eine Sammlung von mehr oder weniger sinnvollen Phrasen. Das darin vorkommende Frauenbild ist typisch für 2000 Jahre Christentum. Die ideale Frau ist natürlich die fleißige und züchtige Hausfrau, die ihrem Macho zur Ehre gereicht.
31, 10 – 31
Diese Verse werden den Gläubigen immer noch häufig vorgetragen.
Vers 13: Sie trachtet und müht sich um Wolle und Flachs und schafft mit emsigen Händen.
Vers 15: Auch wenn es noch Nacht ist, erhebt sie sich schon und reicht ihrem Hause die Speise und die rechte Verpflegung den Mägden.
Vers 18: Sie fühlt, wie ihr Wirken gedeiht, nicht erlischt bei Nacht ihre Lampe.
Vers 19: Ihre Arme erhebt sie zum Spinnrocken hin, ihre Hände umfassen die Spindel.
5, 1 – 8 Die Frau führt zur Hölle
- Mein Sohn, ach merke doch auf meine Weisheit, zu meiner Einsicht neige her dein Ohr.
- auf dass du kluge Überlegung wahrest, und deine Lippen auf Erkenntnis achten.
- Von Honig trieft die Lippe einer fremden Frau, und glatter ist ihr Gaumen noch als Öl.
- Zuletzt jedoch ist sie wie Wermut bitter, und scharf gleich wie ein doppelschneidig Schwert.
- Hinab zu Tode steigen ihre Füße, zur Unterwelt gelangen ihre Schritte.
- Anstatt den Pfad des Lebens sich zu ebnen, sind schwankend ihre Bahnen, und sie weiß es nicht.
- Nun denn, ihr Söhne, hört auf mich und weicht nicht ab von meines Mundes Reden!
- Halt fern von ihresgleichen deinen Weg, und nahe nicht der Türe ihres Hauses.
7, 1 – 27 Die Verführerin (ein psychologisches Beispiel für die Projektionen eines Machos im sexuellen Notstand); einige Verse daraus:
7. | Da schaute ich unter den Haltlosen, sah unter den Söhnen den törichten Jungmann. |
8. | Er ging auf der Straße, nicht fern ihrer Ecke, und schritt auf dem Wege entlang ihrem Haus. |
9. | Im Zwielicht am Abend zu Ende des Tages, zur Stunde der Nacht und des Dunkels. |
10. | Und siehe, ein Weib, ihm nur knapp gegenüber, gekleidet als Buhlerin, Arglist im Herzen. |
11. | Voll Leidenschaft war sie und ohne Beherrschung, nicht wollten daheim ihre Füße verweilen. |
13. | Schon hielt sie ihn fest und hat ihn geküsst, mit frechem Gesichte, nun sprach sie zu ihm: |
16. | Ich habe mit Decken mein Lager bereitet, mit Tüchern gemacht aus ägyptischem Leinen. |
18. | Komm mit und wir wollen der Liebe genießen, in Liebeslust schwelgen bis nahet der Morgen. |
19. | Denn abwesend ist vom Hause mein Mann, ist weit in die Ferne auf Reisen gezogen, usw. |
11, 22 „Circulus aureus in naribus suis, mulier pulchra & fatua.“
Es sind verschiedene Übersetzungen zu finden: „Ein schönes Weib, doch ohne Scham, ist wie ein güldener Ring im Rüssel einer Sau.“ Eine andere Übersetzung: „Ein güld’ner Ring im Rüssel eines Schweins – ein schönes Weib, doch ohne Zartgefühl.“ Die wörtliche Übersetzung ist: „Ein goldener Ring im Rüssel einer Sau, ein schönes und törichtes (albernes) Weib.“ Dieses Vorurteil, dass schöne Frauen dumm seien, ist also über 2000 Jahre alt und göttlichen Ursprungs.
12,4 Die Frau als Anhängsel des Mannes: „Eine tüchtige Frau ist die Krone ihres
Mannes, eine schandbare aber wie Fäulnis im Gebein.“
2, 19 Das zänkische Weib: „Lieber wohnen im Land der Wüste, als mit einem
Weib, das zänkisch und jähzornig.“
22, 14 Das alles verschlingende Weib: „Der Mund der Buhlerin ist eine tiefe Grube;
wem zürnt der Herr, der fällt in sie herein.“
25, 24 Die Frau, der Hausdrachen: „Lieber wohnen in der Ecke eines Daches, als
mit einem streitsüchtigen Weib in einem Haus zusammen.“
27,15 Die Frau, die Nörglerin: „Ein Dach, das dauernd tropft zur Regenzeit und
eine nörglerische Frau, sie gleichen sich.“
30, 20 Die Frau, die Ehebrecherin: „So ist der Weg der Ehebrecherin: Sie isst und
wischt den Mund sich ab und spricht: ‚Ich tat nichts Schlechtes.‘“
31, 3 Die Frau, die ins Verderben führt: „Gib den Weibern, die selbst Könige
vernichten, weder deine Kraft noch deine Fruchtbarkeit hin.“
Theologische Apologetik verteidigt sich gegen Kirchenkritik wie diese mit exegetischen Argumenten. Diese Schriftstellen sind aber wirklich, das heißt, sie haben durch die Jahrtausende schrecklich gewirkt. Dieser sogenannte liebe Gott existiert, wenigstens in den Köpfen seiner Anhänger existiert er. Dort wirkt er – und von dort wirkt er leider immer noch.
Die kirchliche Exegese ist ein eigenes Thema. Es gibt inzwischen sechzehn exegetische Richtungen, die einander oft radikal widersprechen.
Theologie war und ist primär damit beschäftigt, die Offenbarung gegenüber den neuen Erkenntnissen der Wissenschaften und der Philosophie zu verteidigen oder diese fortschrittlichen Lehren zur Verbreitung der eigenen Ideologie zu missbrauchen. Dies gilt im Besonderen für die Exegese. Sloterdijk schreibt, es sei die eigentliche Tätigkeit der Theologen, das Überholtwerden der Offenbarung durch das nachfolgende Neue zu verhindern. Sobald in Wissenschaft und Forschung fortschrittliche Theorien auftraten, folgte prompt eine entsprechende neue exegetische Methode. So führten moderne Entwicklungen in der Geschichtsschreibung zur historisch–kritischen Methode der Exegese. In der kontextuellen Exegese begegnet man geradezu paradoxen, das heißt der Bibel widersinnigen exegetischen Methoden, wie der feministischen, der befreiungstheologischen, oder gar der Exegese für Homosexuelle.