Mirjam Dondi wagte 2003 als junge Mutter mit ihrer 11-Monate alten Tochter den Sprung von Wien nach Brüssel, um an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU als Bildungssattachée tätig zu sein. In Wien war sie zuvor im Bildungsministerium im Ministerbüro für europäische Angelegenheiten im Bildungs- und Forschungsbereich zuständig und so war diese Berufserfahrung eine ideale Vorbereitung für die Funktion einer österreichischen Vertreterin im Bildungsausschuss in Brüssel. Gleichzeitig gab es inhaltlich eine große Kontinuität und sie konnte auch von den bereits zuvor geknüpften Kontakten auf EU-Ebene profitieren.
Von Simona Wohleser
Für die studierte Politologin, die sich auf Europarecht und Internationale Politik spezialisiert hatte, war eine internationale Tätigkeit immer schon ein Berufsziel. Ihr Studienabschluss 1995 war nur wenige Monate nach dem EU-Beitritt. Noch als Studentin nahm sie 1993 an einer Studienreise zu den EU-Institutionen nach Brüssel, Luxemburg und Straßburg teil, war aber vom ersten Eindruck „vom ästhetischen und baulichem Vandalismus“ von Brüssel eher abgeschreckt. Als sie dann schließlich 2003 in Brüssel startete, war sie sofort begeistert vom beruflich stimulierenden und mehrsprachigen Umfeld. „Das ist ja von der Atmosphäre her wie in einer Jugendherberge auf hohem Niveau“ dachte sie sich nach den ersten Sitzungen der Ratsarbeitsgruppen und genoss den Austausch mit den EU-Arbeitskolleginnen. „Diese Aufgabe habe ich sehr gemocht, besonders weil Bildungsthemen so lebensnah sind und ich mich sehr gut damit identifizieren konnte. Es war schon lustig, wenn wir im Bildungsausschuss beispielsweise über die Bedeutung der frühkindlichen Bildung berieten, während meine Tochter gerade in der école maternelle (Vorschule) war.“ Sie hat es auch als Bereicherung empfunden, von den anderen Arbeitskolleginnen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten zu lernen und ihre Positionen zu verstehen.
Begeisterte Netzwerkerin
„Wenn ich zum Beispiel wissen wollte, wie Schweden Erwachsenenbildung organisiert, bin ich mit meiner schwedischen Attachéekollegin essen gegangen und hab es mir erklären lassen. Durch den Kontakt mit anderen lernt man viel über sich selbst und reflektiert auch mehr über Österreich.“ Ein großer Mehrwert von Brüssel ist, dass Informationen sehr schnell und relativ leicht zugänglich sind. „Ich habe überhaupt Brüssel immer als offenes Vorlesungsverzeichnis betrachtet und so gut es ging, alle möglichen Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen und Workshops besucht“, erklärt Dondi. Diese Aktivitäten hatten für die begeisterte Netzwerkerin zwei Effekte: Sie konnte sich im Laufe der Jahre einen sehr breiten Überblick über EU-Themen aneignen und viele Kontakte knüpfen. 2009 wäre eigentlich eine Rückkehr nach Wien ins Bildungsministerium angestanden. Aber der damalige EU-Botschafter Hans-Dietmar Schweisgut fragte in Wien um eine Dienstzuteilung von Dondi ans Außenministerium an. Es war nämlich die Leitung des Besuchs- und Informationsdienstes an der Ständigen Vertretung vakant. Für Mirjam Dondi war das der absolute Traumberuf!
Viele Entscheidungen
Wenn man mit der Vorarlbergin über Europa und ihre Arbeit spricht, dann spiegelt sich ihre Begeisterung für diesen Job wider: „Die Arbeit im Besuchs- und Informationsdienst habe ich jeden einzelnen Tag genossen. Es war für mich so ein großes Privileg mit jährlich tausenden Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen zusammen treffen zu dürfen und Vorträge und Workshops zu halten. Durch diese Begegnungen und die vielen Fragen habe ich unendlich viel gelernt. Für mich eine absolut sinnstiftende Tätigkeit“, so Dondi. Ein Projekt, dass ihr immer noch sehr am Herzen liegt, weil sie mithalf es aus der Taufe zu heben, sind die Europa-Gemeinderäte. Da viele Entscheidungen der Europäischen Union weit in die österreichischen Gemeinden hineinreichen, ist es schlüssig, vor Ort lokale Ansprechpartner für EU-Themen zu haben, genauso wie es Gemeinderäte für Umwelt- oder Soziales gibt. Von 2010 bis 2019 begleitete Dondi 20 die Reisen der EU-Gemeinedrätereisen in Brüssel und ko-organisierte das Programm für sie. Sie lernte unzählige Gemeindevertreterinnen und -vertreter kennen und ist überzeugt, „Europa fängt in der Gemeinde an“.
„Die EU muss von unten her wachsen und verstanden werden!“
Dondi
Die EU-Gemeinderätinnen und -räte können in ihren Gemeinden vor Ort wichtige Informationsarbeit leisten, vorausgesetzt, sie haben das notwendige Wissen und die Zeit, bei EU-Themen am Ball zu bleiben. Das bringt Dondi nahtlos zum Thema EU-Kommunikation. Seit Jahren wiederholt sich das gleiche. Brüssel wird als Sündenbock missbraucht und faktische Information bleibt auf der Strecke, wie die aktuelle Diskussion über die Impfstrategie der EU-Kommission zeigt. „EU Themen kann man nicht alleine von Brüssel aus kommunizieren. Das wichtige EU-Projekt braucht Verbündete, die mithelfen, den Mehrwert Europas zu erklären“, ist sie überzeugt. Dondi engagiert sich deshalb einem überparteilichen Netzwerk „OE4EU“ und hat bis auf das Coronajahr 2020 jedes Jahr an der Aktion „Europa an deiner Schule“ als Referentin teilgenommen um an Schulen in Österreich der EU ein Gesicht zu geben.
Dynamisches Team
Seit September 2020 ist sie entsandte Nationale Expertin in der Generaldirektion Kommunikation und unterstützt dort die Abteilung für Soziale Medien und visuelle Kommunikation. „Mein erster Arbeitstag war wie in einem Agentenfilm. Ich musste meinen Dienstlaptop kontaktlos an einer angegebenen Adresse in einem Büro abholen und bin bis jetzt den meisten meiner neuen Arbeitskolleginnen und -kollegen nur virtuell begegnet, da wir Homeoffice Pflicht haben.“ Trotz diesen ungewöhnlichen Arbeitsbedingungen ist Mirjam Dondi auch wieder von der neuen Tätigkeit begeistert. Viele, besonders junge Leute, beziehen ihre Informationen nur noch über soziale Medien. Umso wichtiger ist es, dass die Europäische Kommission auf möglichst vielen Plattformen präsent ist. Ich freue mich, dass ich einerseits meine Europa-Expertise in ein junges, dynamisches Team einbringen darf und gleichzeitig perfektioniere, wie diese interaktive Form der Öffentlichkeitsarbeit funktioniert. Inhaltlich betreue ich das Thema Kampf gegen Desinformation und bin bei der Koordination der Kommunikation über die Impfstoffe und Impfung im Einsatz. Das ist sehr intensiv und dynamisch.“ Ob sie niemals müde wird, über Europa zu kommunizieren? „Nein. Nie.“ Davon ist sie überzeugt: „Wir dürfen niemals müde werden, über Europa zu reden. Und jeder von uns kann einen Beitrag leisten, damit es nicht ‘die in Brüssel‘, sondern ‘wir in Europa‘ heißt.“
Kurzprofil Mag. Mirjam Dondi
Seit September 2020 ist Mag. Dondi entsandte Nationale Expertin in der Generaldirektion für Kommunikation der Europäischen Kommission und arbeitet als Social Media Content Managerin in der Social Media Abteilung.
Von 2009 bis 2020 war sie Leiterin des Besuchs und Informationsdienstes der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU. Die Politologin war von 2003 bis Juni 2009 an der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU zunächst als Bildungsattachée und später als Leiterin der Abteilung Unterricht, Kunst und Kultur (2007 bis 2009) tätig. Davor war Mag. Dondi Beraterin für EU-Agenden im Bildungs- und Forschungsbereich im Ministerbüro des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (2000 bis 2003). Nach einem Auslandsaufenthalt in Paris und ihrem Studium der Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Europarecht und Internationale Beziehungen in Innsbruck und Wien begann Dondi ihre berufliche Laufbahn im Amt der Vorarlberger Landesregierung (1995 bis 1997) als Pressereferentin. Von 1997 bis Februar 2000 arbeitete sie als Fachreferentin für Sozialpolitik in Wien.