Kürzlich war das deutsche Theater Liberi mit seinem Musical „Dschungelbuch“ zu Gast im Montforthaus in Feldkirch und begeisterte Familien aus dem Vierländereck.
Der als Musical gestaltete Buchklassiker des britischen Autors Rudyard Kipling beeindruckte sowohl dank des faszinierenden Bühnenbildes, der mitreissenden Musik, dem perfekt in Szene gesetzten Licht und nicht zuletzt natürlich aufgrund der herausragenden schauspielerischen Leistung des Ensembles.
Zum Inhalt: Seit über hundert Jahren fasziniert die Geschichte vom Findelkind Mogli ganze Generationen. Sie handelt von den Erlebnissen eines Jungen, der von Wölfen im Dschungel aufgezogen wird. In dem Wolfsrudel um Oberhaupt Akela hat Mogli eine neue Familie gefunden, die ihn die Gesetze des Dschungels lehrt.
Auch seine beiden treuen Freunde, der herzensgute Bär Balu und der weise Panther Baghira, stehen ihm mit Rat und Tat zur Seite. Balu, Moglis bester Freund und Lehrer, zeigt ihm, wie man Bienenstöcke plündert, bringt ihm die Sprache der Menschen bei und sorgt mit seinen Tänzen und witzigen Geschichten immer für gute Laune. Baghira ist stets besorgt um den kleinen Menschenjungen und muss die beiden aus manch brenzliger Situation retten. Doch sie bestärkt Mogli auch er selbst zu sein und ermutigt ihn seinem Herzen zu folgen.
Gemeinsam mit seinen Freunden erlebt Mogli aufregende Abenteuer, denn er trifft zum Beispiel auf eine wilde Affenbande, die ihn zu ihrem Anführer machen will, auf ulkige Geier, die ihm in der Not zur Seite stehen und auf die geheimnisvolle Schlange Kaa, deren Pläne niemand so genau durchschauen kann. Aber der Urwald birgt auch große Gefahren: Der Tiger Shir Khan fürchtet seine Stellung als König des Dschungels und will das Menschenkind vertreiben. Mogli muss all seinen Mut zusammen-nehmen und sich seinem Feind in einem spannenden Kampf stellen. Doch er beginnt sich selbst zu fragen, wo er eigentlich hingehört. Und als ihm dann noch das Mädchen mit der roten Blume begegnet, steht seine Welt endgültig auf dem Kopf…
Hinter die Kulissen geschaut: Drei Fragen an Liberi-Autor Helge Fedder
Gsi.News: Sie schreiben die Stücke für Theater Liberi, haben aber auch schon Regie geführt und selbst als Schauspieler gearbeitet. Ist es ein Vorteil beim Schreiben, wenn man alle Seiten kennt?
Helge Fedder: Zumindest haben wir damit hier bei Theater Liberi sehr gute Erfahrungen gemacht. Beim Schreiben habe ich schon Bilder im Kopf, wie die Inszenierung nachher sein könnte – auch wenn manchmal dann doch alles anders kommt. Dadurch, dass ich auch als Schauspieler gearbeitet habe, spreche ich die Dialoge schon während sie entstehen laut mit, sodass sie nicht hölzern, sondern lebendig daherkommen – so soll schließlich am Ende auch das Stück sein.
Gsi.News: Die Stoffe, die Sie für Ihre Musicals auswählen, sind stets alte Märchen oder echte Kinderklassiker. Sind diese uralten Stoffe überhaupt noch relevant für ein junges Publikum von heute?
Fedder: Alle Liberi-Stücke haben gemeinsam, dass sie schon Generationen überdauern: Eltern haben sie schon als Kinder gekannt und ihre Kinder werden sie wahrscheinlich auch ihren Kindern wiedererzählen. Dass sie sich so lange gehalten haben, zeigt doch, dass sie etwas Bedeutsames haben. Im Kern geht es in diesen Geschichten immer um zentrale Werte, die einfach aktuell bleiben: Das kann Freundschaft sein, Toleranz, Selbstvertrauen oder Mut. Solche Werte herauszuarbeiten und auf der Bühne auf unbeschwerte Art erlebbar zu machen, darum geht es uns, wenn wir uns diesen alten Stoffen zuwenden. Natürlich muss der ein oder andere Text aktualisiert werden, auch Figuren erfinde ich dazu oder zeichne sie anders. Ich versuche dabei immer selbstbewusste Charaktere zu schaffen. Ich will sie in die Lage versetzen, sich zu wehren und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es kommt nicht einfach die gute Fee, die das Happy End bringt. Das ist ja keine Lösung. Natürlich gibt es auch bei uns zauberhafte Elemente, aber das Leben bestimmen immer noch die Figuren selbst. Und wenn sie dann auf ihr Herz hören, kann alles gut werden.
Gsi.News: Sind Kinder eigentlich ein anspruchsvolles Publikum?
Fedder: Auf den ersten Blick sind Kinder leicht zu unterhalten. Wir wollen aber, dass etwas hängen bleibt, dass die Kinder sich bestenfalls auch nach Jahren noch erinnern: An ein gutes Gefühl, das sie verspürt haben, eine fantasievolle Figur, die ihnen etwas vermittelt hat, Eindrücke aus der Welt, in die wir sie mitgenommen haben. Doch dafür müssen wir sie ernstnehmen und fordern. Wir müssen ihnen mehr bieten als platte Witze und eine oberflächliche Show. Deswegen ist unsere Musik zwar ohrwurmtauglich, aber nicht seicht. Deswegen gibt es bei uns zwar mitreißende Choreografien und fantasievolle Welten, gleichzeitig ist es aber wichtig Figuren zu schaffen, die so echt sind, dass sich die Kinder darin wiederfinden – auch mit ihren Problemen aus dem Alltag. Was die Figuren auf der Bühne fühlen, muss echt sein, dann wissen die Kinder auch, dass wir sie ernst nehmen. Am Ende ist mir eines wichtig: Sie sollen mit einem guten Gefühl aus dem Saal gehen. Und idealerweise haben wir es geschafft, ihnen den ein oder anderen Gedanken mit auf den Weg zu geben.
Das Theater Liberi
Seit der Gründung 2008 hat das Theater Liberi mit seinen unterhaltsamen Familien-Musicals bereits über eine Million Zuschauer begeistert. Von Oktober bis April spielen die verschiedenen Ensembles über 450 Shows in Deutschland, Österreich und Luxemburg und bringen so das Musical-Erlebnis direkt vor die Haustür.
„Um die altbekannten Geschichten nach unseren eigenen Vorstellungen neu und modern inszenieren zu können, sind die Stücke von A bis Z Eigenproduktionen. Texte, Musik, Bühnenbild, Kostüme – alles wird von uns selbst konzipiert und umgesetzt“, erklärt Produzent Lars Arend, der die künstlerische Gesamtverantwortung trägt.
Die Planung eines Stücks mit Regie, Autor, Musikern und künstlerischer Leitung beginnt bereits anderthalb Jahre vor der Premiere. Auch Kostüm und Maske sind zu diesem Zeitpunkt schon involviert. Für die Texte ist Autor Helge Fedder zuständig: „Im Kern geht es in diesen Geschichten immer um zentrale Werte, die einfach aktuell bleiben: Das kann Freundschaft sein, Toleranz, Selbstvertrauen oder Mut. Ich versuche dabei immer, selbstbewusste Charaktere zu schaffen, die in der Lage sind, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Die beiden Musiker Hans Christian Becker und Christoph Kloppenburg begleiten die Handlung mit ihren eingängigen Kompositionen, die von verschiedensten Genres wie beispielsweise Blues, Funk, Jazz, Rock’n’Roll oder Pop beeinflusst sind. „Durch die verschiedenen Musikstile gelingt es uns, das Hörvermögen der Kinder zu fordern und zu fördern“, so Kloppenburg.
„Die Kulissen sind für ein Tourneetheater eine ganz besondere Herausforderung“, erklärt Bühnenbildnerin Beata Kornatowska. „Die Bühnenelemente müssen nicht nur sehr wandelbar sein, um verschiedene Szenen darzustellen, sondern müssen auch auf vielen unterschiedlich großen Bühnen funktionieren, einfach auf- und abbaubar und leicht zu transportieren sein.“ Die Ansprüche an die Kostüme sind ebenfalls hoch, denn die Schauspieler übernehmen oftmals mehrere Rollen, sodass sie zwischen den Szenen schnell in das nächste Kleid oder die nächste Hose schlüpfen müssen. Kostümbildnerin Annette Pfläging ist seit der Gründung bei Theater Liberi und hat in den elf Jahren über 200 Kostüme entworfen und genäht. „Über Mägde und Prinzessinnen, Tiger und Schlangen, königliche Roben an Land und unter Wasser oder Feen und Piraten – es war schon fast alles dabei“, so Pfläging.
Doch nicht nur der kreative Prozess und die Inszenierung der Produktionen, sondern auch der gesamte Bereich des Veranstaltungsmanagements wird in Eigenregie durchgeführt. „Wenn man es so will, ist es ein Zusammenspiel von Produktion, Vermarktung und Touring, das wir komplett unter einem Dach vereinen“, erklärt Arend das Prinzip hinter Theater Liberi. Damit der Ablauf vor Ort reibungslos funktioniert, ist ein fünfzehnköpfiges Team von Bochum aus für die Akquise und Betreuung der Spielorte, das Marketing, die Pressearbeit, das Ticketing und Sponsoring und nicht zuletzt für die komplette Planung und Abwicklung der Tourneen verantwortlich. Zählt man alle Beteiligten zusammen, sind insgesamt über hundert Personen an der Entstehung und Umsetzung der Produktionen beteiligt. Was 2008 mit vier Menschen und einer Idee begann, hat sich so mittlerweile zum Marktführer im Segment der Tournee-Familienmusicals entwickelt.