Draußen tobt der Sturm. Doch im schützenden Zelt der Europäischen Union kann sich die Republik – so wie die große Schwester – um uns kleinere Geschwister kümmern. Fürsorglich beschützt sie uns auch vor uns selbst.
Von Dr. Albert Wittwer
Dass wir uns beim Autofahren angurten und wenig Alkohol trinken und auch nicht kleinste Mengen Cannabis rauchen (Drogenmissbrauch!). Gut, der nicht fahrtüchtige Lenker gefährdet auch seine Mitmenschen.
In der Freizeit dürfen wir uns ins Koma saufen, uns beliebig mit Zucker, oft allerdingst auch verstecktem, vollstopfen. Bis zur Adipositas oder der Trinkerleber.
Sehr gefährlich ist auch der Spitzensport. Sicherheitshalber gibt es keine Statistik über die zahlreichen Schwerverletzten beim Abfahrtslauf oder dem Fußball bis einschließlich der Oberliga. Die Sportnachrichten kommen in der Republik lange vor der Wirtschaft und sind etwa so ausführlich wie die landespolitischen. Das wollen die Zuhörer, denen darf man nicht die Laune verderben (Werbeeinschaltungen).
Doch ist ein fürsorgliches Organmandat harmlos im Vergleich zum Regreß der Haftpflichtversicherung bei grober Pflichtverletzung, etwa Schädigung Dritter bei durch Alkoholisierung verschuldetem Unfall. Soweit ich sehe, nimmt immerhin die eigene Krankenversicherung keinen Regreß für unsere selbstverschuldeten Heilungskosten. Allerdings hat vor kurzem die Gesundheitskasse die Kostentragung für die operative Reparatur einer im Ausland durchgeführten, misslungenen Schönheitsoperation verweigert. Was kommt als Nächstes?
Aktuell wird die Helmpflicht beim Radfahren diskutiert. Das würde mich, ein notorischer Schleicher auf dem Fahrrad, kaum schneller und auch nicht höher als ein Fußgänger, treffen. Kommt dann auch die Helmpflicht für womöglich stolpernde Fußgänger?
In einer Zwischenlösung zu Geboten hat der Oberste Gerichtshof das Schmerzengeld, das der schuldtragende Schädiger einem Radfahrer zahlen musste, der keinen Helm trug, ermäßigt. Denn mit Helm wäre die Verletzung geringer ausgefallen!
Die fürsorgliche Schwester sollte, wie bisher, auch die dritte Entziehungskur des notorischen Trinkers finanzieren usw.
Allerdings verhält sich der Staat in seiner Ausprägung als Polizei gelegentlich wie Big Brother, wie der strenge, große Bruder. Besonders antifaschistische Aktivisten sind ihr suspekt, wie die gründliche Personenerfassung dieser Personengruppen bei Demonstrationen oder Zelten (Persmanhof) vermuten lässt. Big Brother verpasst auch keine Gelegenheit, die EU und ihren respektlosen Umgang mit Putin und Orban zu kritisieren.
Also möge sich die liebenswürdige Republik – bei Regelung unserer bescheidenen Probleme – doch lieber wie die große Schwester verhalten.
Anmerkungen:
Big Brother als alles kontrollierender, autoritärer Staat: George Orwell: 1984, utopischer Roman, visionär, aus 1949.
Misslungene Schönheitsoperation: https://www.vol.at/not-op-in-vorarlberg-nach-brustverkleinerung-in-der-tuerkei-wer-traegt-die-kosten/9335381












