Die Stabsstelle Financial Intelligence Unit (SFIU) ist in Liechtenstein die zentrale Stelle zur Erkennung und Bekämpfung von Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und organisierter Kriminalität. Der Jahresbericht 2024, den die Stabsstelle am Dienstag, 22. April, veröffentlicht hat, zeigt, mit welchen Herausforderungen die SFIU im vergangenen Jahr konfrontiert war, welche Maßnahmen ergriffen wurden und wie sich die Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene weiterentwickelt hat.
Im Jahr 2024 gingen bei der SFIU insgesamt 3225 Verdachtsmeldungen ein. Das sind gut 48 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit wurde ein neuer Höchststand erreicht. Ein großer Teil dieser Meldungen hatte einen Bezug zu Kryptowährungen. Der Anstieg lässt sich unter anderem auf die Geschäftsaufgabe eines inländischen Anbieters von virtuellen Vermögenswerten (VASP) sowie auf vermehrte Missbrauchsfälle durch ausländische Kryptoanbieter zurückführen, die liechtensteinische Bankverbindungen nutzten.
Mit der Anzahl der Meldungen stieg auch der Aufwand für die Analyse. Immer häufiger handelt es sich um sogenannte komplexe Fälle: Verdachtsmeldungen, die sich über mehrere Länder erstrecken, verschiedene Akteure betreffen und verschiedene Geldwäschereimethoden beinhalten. Diese erfordern besonders viel Zeit, Fachwissen und Zusammenarbeit mit internationalen Partnerbehörden. 2024 wurden insgesamt 532 solcher Fälle vertieft analysiert – ein Anstieg um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Einführung eines risikobasierten Vorgehens
Angesichts der zunehmenden Fallzahlen und der begrenzten personellen Ressourcen war eine bessere Priorisierung nötig. Daher arbeitete die SFIU an einem risikobasierten Modell. Es soll künftig ermöglichen, eingehende Verdachtsmeldungen systematisch nach ihrem Risikopotenzial zu bewerten und die Analyse dort zu konzentrieren, wo sie besonders wichtig ist.
Die gesetzliche Grundlage für dieses Vorgehen soll mit einer Teilrevision des FIU-Gesetzes geschaffen werden. Die Inkraftsetzung ist für Ende 2025 vorgesehen. Zusätzlich sollen auch digitale Hilfsmittel – zum Beispiel automatisierte Verfahren und neue IT-Systeme – dazu beitragen, den Aufwand effizienter zu bewältigen.
Herausforderungen bei der Umsetzung internationaler Sanktionen
Ein weiterer großer Aufgabenbereich der SFIU war 2024 die Durchsetzung internationaler Sanktionen – insbesondere im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Die geopolitische Lage bleibt volatil, und es sind oft kurzfristige Anpassungen erforderlich. Dabei verlagerte sich der Fokus zunehmend weg von bekannten Oligarchen hin zu schwer erkennbaren Unterstützern und Strohleuten, die beispielsweise über Firmenkonstrukte am internationalen Handel beteiligt sind.
Die Anforderungen an die SFIU stiegen auch deshalb, weil sie nicht nur Informationen analysiert, sondern als Vollzugsbehörde Sanktionen umsetzt. Dies bedeutet, dass sie Unternehmen kontrollieren, Unterlagen einfordern und unter bestimmten Voraussetzungen auch Geschäftsräume betreten kann. Die Vielfalt und Geschwindigkeit neuer Sanktionsregelungen stellte das Team der SFIU vor zusätzliche Belastungen.
Intensivierung der Zusammenarbeit
Die Analyse grenzüberschreitender Fälle ist ohne Zusammenarbeit mit internationalen Partnern kaum möglich. Daher war die Stärkung dieser Kooperationen ein zentrales Thema im Jahr 2024. Die SFIU wechselte in die Regionalgruppe Europe I der Egmont Group, um sich enger mit den FIUs der EU- und EWR-Staaten abzustimmen. Sie wurde zudem Mitglied der Europol Financial Intelligence Public Private Partnership (EFIPPP), einer Plattform zur Zusammenarbeit zwischen Behörden und Finanzinstituten in Europa.
Auch auf nationaler Ebene wurde die Zusammenarbeit weiterentwickelt. In sogenannten Public-Private-Partnerships (PPPs) arbeitet die SFIU mit dem Bankenverband, der Treuhandkammer und weiteren Akteuren aus dem Privatsektor zusammen. Ziel ist es, gemeinsam verdächtige Strukturen schneller zu erkennen und effektiver zu bekämpfen.
Vorbereitung auf das neue EU-Anti-Geldwäscherei-Paket
Mit dem neuen EU-Geldwäscherei-Paket, das im Mai 2024 verabschiedet wurde, ergeben sich neue Vorgaben für alle EU- und EWR-Staaten. Dazu gehören die sechste EU-Geldwäscherei-Richtlinie (AMLD6), die Geldwäscherei-Verordnung (AMLR) und die Verordnung zur Einrichtung der neuen EU-Behörde AMLA. Die SFIU hat mit den Vorbereitungen zur Umsetzung begonnen und ist bestrebt, von Anfang an eng mit der neuen Behörde zusammenzuarbeiten.
Zusätzlich koordinierte sich die SFIU mit den FIUs in Island und Norwegen, um gemeinsam die Besonderheiten der EWR-Staaten im künftigen Zusammenspiel mit der EU-Behörde AMLA zu klären.
Der Jahresbericht 2024 zeigt, dass die Arbeit der SFIU in einem Umfeld zunehmender Komplexität und hoher internationaler Anforderungen stattfindet. Die Zunahme an Verdachtsmeldungen, die Anforderungen bei der Sanktionsdurchsetzung und die Notwendigkeit enger internationaler Zusammenarbeit stellen die SFIU vor große Herausforderungen. Durch strukturelle Anpassungen, neue gesetzliche Grundlagen und den Ausbau der nationalen und internationalen Netzwerke wurde jedoch eine wichtige Basis geschaffen, um diesen Herausforderungen auch in Zukunft wirksam zu begegnen.