In einer Zeit, in der die letzten Zeugen einer der dunkelsten Epochen der Menschheitsgeschichte immer seltener werden, hatte die Klasse 4a der Oberschule Eschen unter der Moderation von Benjamin Koeck das Privileg, eine lebende Geschichte zu erleben. Agnes Hirschi, eine Überlebende des Holocausts und Stieftochter des Schweizer Diplomaten Carl Lutz, besuchte das Haus Gutenberg in Balzers, um ihre bewegende Lebensgeschichte zu teilen.
Während eines über zweistündigen Vortrags nahm Hirschi die Schüler mit auf eine emotionale Reise durch ihre Kindheit als ungarische Jüdin, die die Schrecken des Nazi-Regimes überlebte. Ihre Erzählung war nicht nur ein persönlicher Bericht über das Überleben, sondern auch eine Hommage an den Mut und die Menschlichkeit ihres Stiefvaters Carl Lutz, der durch seinen diplomatischen Scharfsinn das Leben von über 50.000 jüdischen Menschen rettete.
Die Schüler lauschten gebannt, wie Hirschi von den erschütternden Ereignissen berichtete, die sie als Kind erlebte. Sie erzählte von der Angst und dem Leid, aber auch von Momenten der Hoffnung, die ihr Leben prägten. Besonders berührend war ihre Schilderung der Rolle, die Carl Lutz spielte – ein Mann, der später ihre Mutter heiratete und mit ihr in die Schweiz zog. Lutz, der mit den Nazis verhandelte, darunter auch mit Adolf Eichmann, nutzte geschickt die bürokratische Sprache zu Gunsten der Rettung unzähliger Leben, indem er Tausende von Schutzpässen ausstellte.
Die Schüler nutzten die Gelegenheit, zahlreiche Fragen zu stellen, was den Vortrag zu einem interaktiven und lehrreichen Erlebnis machte. Die heute 86-jährige Agnes Hirschi beantwortete jede Frage mit Geduld und Tiefe, wodurch die Schüler ein tieferes Verständnis für die Komplexität und die Tragödie des Holocausts erlangten.
Fotos: B. Koeck
Nach dem Vortrag besuchte die Klasse die Ausstellung „The Last Swiss Holocaust Survivors“ (siehe Bilder oben), die den persönlichen Geschichten der Überlebenden Gesichter gibt und ein ergreifendes Zeugnis der Vergangenheit darstellt. Der Abschied von Agnes Hirschi war ein Moment der tiefen menschlichen Verbindung. Die Jugendlichen, sichtlich berührt von der Lebensgeschichte Hirschis, verabschiedeten sich von ihr mit Umarmungen – ein kraftvoller Ausdruck der Dankbarkeit und des Respekts.
Die Begegnung mit Agnes Hirschi war mehr als nur eine Geschichtsstunde; es war eine Lektion in Menschlichkeit, die die Herzen und den Verstand der jungen Menschen aus dem Liechtensteiner Unterland berührte und sie ermutigte, sich für eine Welt einzusetzen, in der Toleranz und Mitgefühl über Hass und Intoleranz siegen.