Von Albert Wittwer
In der Krise der selbsternannten, vom russischen Imperium exklusiv anerkannten Staaten Donezk und Luhansk haben sich die Europäer souverän auf eine einheitliche Linie geeinigt. Und das durch Einzelregierungen, die nicht in manipulativen Pseudowahlen bestellt worden sind. Der Präsident des Heiligen Rußland gibt sich – mit Unterstützung der Orthodoxie – unbeeindruckt und vermeint, dessen Interessen seien nicht verhandelbar. Immerhin hat das Riesenreich knapp die Wirtschaftsleistung der Republik Italien. Da wird das Erwachen, kaum daß die Währungsreserven aufgezehrt sind, also wohl in zwei Monaten, ungemütlich sein.
Das knappere Gas wird die notwendige Transformation in erneuerbare Energien und Energieeffizienz, auch mit Atomstrom als Übergangstechnologie außerhalb des von Atommeilern eingekreisten Österreich, drastisch beschleunigen. Weniger Ressourcen zu verbrauchen bedeutet nicht zugleich einen Rückgang der Lebensqualität. Die Vitalität der Marktwirtschaft in der Demokratie wird das mit Unterstützung der EU und der Staaten beweisen.
In der Pandemie haben die europäischen Demokratien ihre Beschützerrolle für den Edelkapitalismus gegen eine – für mich als älteren Beobachter – unvorhersehbar konstruktive Fürsorglichkeit für die Bevölkerung eingetauscht. Kein Laissez-Faire, kein Überleben des Tüchtigen und Fitten zulasten der Schwächeren. Daß die Maßnahmen im Einzelnen manchmal zu viel oder zu wenig, zu spät oder überschießend waren und sind: unvermeidlich. Essen Sie im Restaurant immer alles auf, was sie guten Glaubens bestellt haben? Besser nicht. Im Nachhinein sind wir alle klüger.
Unsere Mitbürger, die sich wegen der Einschränkungen in der Diktatur wähnen und auch aus sicherer Entfernung so viel Verständnis für die russischen Interessen aufbringen, sie demonstrieren mit Autos und zu Fuß, sie posten, sie behindern Spitalspersonal, belästigen Polizisten. Für uns sind sie lebendiger Ausdruck der bei uns herrschenden Grundfreiheiten. In der „gelenkten“ Demokratie könnten sie wählen: zwischen der kuscheligen Nähe zur autoritären Staatsmacht als Reservemiliz und dem Dissidententum in Versenkung oder Schutzhaft. Wir aber halten in der Meinungsvielfalt das alles mit heimlichem Murren aus.
Vor etwa zehn Jahren bezifferte der US-Geheimdienst das Privatvermögen des russischen Präsidenten mit sechzig Milliarden Dollar. Vermutlich ist es stark gewachsen. Mit seinem Gehalt, es ist deutlich niedriger als jenes des österreichischen Kanzlers, kann er nicht so viel gespart haben. Wo ist es versteckt? Die Schweiz hat einige hundert Millionen Franken an Länder zurückgegeben, denen es von den dortigen Potentaten geklaut worden war. Weniger als die Spitze eines Eisberges. Wieviel verdient man mit der Verwaltung heimatlosen, geklauten Geldes, zwei bis fünf Prozent des Kapitals im Jahr? Der Bundesrat denkt noch scharf darüber nach, ob er sich an den Sanktionen der Europäischen Union beteiligt. Aber „Pecunia non olet.“ Geld stinkt nicht. Oder doch?
Derweil bestäuben Bienen Krokusse und Primeln. „Während ich sitze, wächst das Gras. Und der Frühling kommt.“
Anmerkungen:
Bruttoinlandsprodukt EU 18 Billionen Euro, Großbritannien 3,2 Billionen Dollar, Russland 1,4 Billionen Dollar,
Restitution Vermögen Schweiz: https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/aussenpolitik/finanzplatz-und-wirtschaft/unrechtmaessig-erworbenevermoegenswertevonpolitischexponiertenpe/rueckgabe-unrechtmaessigerworbenervermoegenswerte.html