„Mama, i will a Wüaschtle!“
„I o! Mit Ketchup!“
Genau. Meine Kinder, immer Lust auf teures Gemüse und Obst. Und das schon zum Frühstück. Da kann ich mir den gesunden Bananenmüsliquatsch selber reinziehen und ihnen die billige Diskonter-Panschwurst, Bauer sei dank, mit Plastikdarmhaut vor die Nase halten.
„Wisst ihr, was heute für ein Tag ist?“
„Na, aber haben wir a Schere?“
„Was tuast du denn jetzt mit anra Schere?“
Ja, jetzt gehts los. Das Frühstück noch nicht mal beendet, laufen meine Mädels schon los. Der Lockdown ist vorbei und die 3G-Generation ist da, die ja eigentlich schon seit 20 Jahren existiert, aber eher nur im digitalen Bereich. Dort geht das nämlich recht einfach mit dem schnellen Fortschritt, 3G – 4G – 5G – während im Real Life jetzt einige Monate sowas wie Stillstand war, alles ausgestorben und nix los.
Nun wedeln die 90-jährigen Hippie-Omas mit ihren Dritten freudestrahlend humpelnd auf ihren Gehilfen die Impfpässe dem Kellner ins Gesicht, damit sie zu Pfingsten ihren Heiligen Geist begrüßen können, bei Schnitzel und gemischtem Salat mit French Dressing.
Jetzt kann es nur noch besser werden, jetzt KANN es nur noch besser werden! Jetzt geht es bergauf mit uns, jawohl. Alle Nicht-Geimpfte werden halt ein bisschen ausgestoßen. Nur ein bisschen. Und die Jugendlichen. Aber gut, selbst schuld, wenn es etwas gratis vom Staat gibt, darf man da nicht Nein sagen – das wissen auch die Flüchtlinge und Arbeitsfaulen, und alle anderen Sozialschmarotzer im Sozialstaat. Hätte-Hätte-Fahrradkette. Und spätestens beim Urlaubbuchen beißen sich jetzt viele auf die Zunge, die noch keinen gelben Lappen haben: Flüge nach Ibiza, zack zack zack, gibt es im Sonderangebot. Kurz sei Dank.
Meinen Kindern ist das alles momentan wurscht, sie versuchen wie wild die verpackte Schere aufzureißen, um ihre neuen Badeutensilien bei kalten und nassen Tagen bestaunen zu können. Und ich weiß nicht, ob Sie das kennen, liebe Leserinnen und Leser, aber haben Sie sich schon einmal eine Schere gekauft, weil sie keine haben? Und dann ist diese Schere so gut verpackt, dass man eigentlich eine Schere braucht, um die Verpackung zu öffnen? Großvater-Scheren-Paradoxon. Eindeutig. Reise in die Vergangenheit, um die Schere, die ich noch nicht geöffnet habe, mit meiner Schere zu öffnen, um die Schere, die ich gekauft habe, wieder zu verwenden. Welch Ironie! Welch Sarkasmus! Oder schon Doppelironie? Vielleicht hat sich auch Sokrates schon damit herumplagen müssen.
Die Susi wünscht einen schönen Sonntag!