Kann ein hoher Politiker in Österreich etwas falsch machen, sagen wir einen wichtigen Posten wie die Leitung eines Finanzamtes parteiisch, unter Übergehung einer qualifizierteren Bewerberin, besetzen? Aber ja, falls er ertappt wird, erklärt er: „ich übernehme die Verantwortung“. Das muss der Chef ja immer, sei es bei Nestle oder der OMV. Egal, wer in der Befehlshierarchie den Fehler gemacht hat. Es bedeutet nicht zugleich ein Schuldeingeständnis.
Von Dr. Albert Wittwer
Ein Bürgermeister, der die Gemeindevertretung, die über eine Umwidmung beschließt, sagen wir von landwirtschaftlicher in Baufläche, unvollständig und damit unrichtig informiert, trägt jedenfalls die Verantwortung für den Fehler. Vielleicht hat er ein Sachverständigengutachten als unwichtig dem Akt entnommen. Ob er es aus Schlamperei oder vorsätzlich gemacht hat, steht auf einem anderen Blatt. Wird ihm von der Justiz Amtsmissbrauchs vorgeworfen, würde ich ihm, wäre ich sein Gemeindesekretär, ein Diversionsverfahren mit ausdrücklichem Schuldeingeständnis empfehlen.
Den Vorteil der Diversion haben wir aus Anlass des eingangs zitierten Strafverfahrens gesehen. Es gibt eine kurze Aufregung und nach drei Tagen ist der Ärger vorbei. Statt eines längeren Strafverfahrens, bei dem die Presse ständig Gratiscontent absahnt. Allerdings war das Oberlandesgericht – wie pingelig – mit der eher beiläufigen „Übernahme der Verantwortung“ nicht zufrieden. Also gibt es doch doch ein spannendes Strafverfahren.
Ein Schuldeingeständnis ist etwas anderes als bloss die Übernahme der Verantwortung. Wer eigene Schuld gesteht, tritt aus dem Schatten der reinen Kausalität (ich war als leitende Person dabei) heraus in das Licht einer moralischen Ebene. Diese hat, Sie verzeihen mir, Ähnlichkeit mit der Sünde. „Ich war nicht nur beteiligt, ich hätte bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit, die ich vermissen liess, eine andere Entscheidung herbeiführen müssen.“ Oder ich wollte (vorsätzlich) „meinem Freund den Posten zuschanzen.“ Das Eingeständnis der Schuld ersetzt das sonst im Strafverfahren festzustellende Vorliegen der Schuld.
Das Management ist gut beraten, eine offene Fehlerkultur im Unternehmen zu pflegen. Dazu gehört, sich möglichst nicht mit Ja-Sagern zu umgeben, also die Äußerung abweichender Meinungen zu ermutigen. Nach der Management-Theorie, für Politikern oft ein fremdes Land, ist ein offener Umgang mit Fehlern erforderlich, um daraus zu lernen, die Methoden, die Vorgangsweise zu verbessern, ähnlich wie in den Wissenschaften.
Fehler werden unabsichtlich begangen. Aus vertretbarem Irrtum. Wer sie aus grober Unaufmerksamkeit begeht, möge um mildernde Umstände ansuchen. Wer sie absichtlich begeht oder den voraussichtlich fehlerhaften Erfolg von vornherein in Kauf nimmt (dolus eventualis), wird entlassen. Außer er ist Politiker.
Anmerkung:
Offenbar funktioniert die Gewaltenteilung, die Justiz ist unabhängig, Rechtsstaatlichkeit wird gewahrt. Demokratie, Wahlen sowieso. Ein Lob auf „das System“.
Sh.: §§ 198 ff Strafprozessordnung;











