Rainer Maria Rilke (1875 bis 1926) – 150. Geburtstag
Am 4. Dezember 2025 jährt sich Rainer Maria Rilkes Geburtstag zum 150. Mal. Seine Gedichte prägen die Welt der Poesie bis heute. Und sie entzweien. Was für die einen schlichtweg großartig, wunderbar, zum Heulen schön und zuweilen lebensbegleitend geworden ist, ist in den Augen anderer nur herzergreifender Kitsch. Rilkes Themen handeln vom Schrecken des Schönen und vom Schönen des Schreckens. In Rilke lösen sich die Grenzen von Außenwelt, Innenwelt und Werk auf.
Wer war dieses androgyne und zerrissene Wesen, dessen poetischer Zauber bis heute so schräg, magisch und kryptisch, ja unwirklich in unsere Zeit hineinscheint? Eine Zeit, die sich fast weltweit vermeintlicher Effizienz- und Gewinnmaximierung verschrieben hat, eine Zeit, in der einige irre, selbstverliebte Berserker, die Demut für Schwäche halten, sich die ganze Welt unter den Nagel zu reißen trachten und dabei jeden Skrupel verloren haben, die Macht des Stärkeren über jegliche humanistischen Errungenschaften, Ideale und Traditionen zu stellen. – Was sollen da noch Gedichte?
- Philipp Schöbi
- Mo. 19. Mai 2025, 19:00 Uhr, Theater am Saumarkt
- Shared Reading Rilke
Im Rahmen der Feldkircher Literaturtage wird das beliebte Format „Shared Reading“ Rilke-Gedichten gewidmet. Beim Shared Reading geht es um gemeinsames kreatives Lesen basierend auf der Idee, Worte auf sich wirken zu lassen. Alle können sagen, was sie denken und fühlen. Auch Schweigen und einfach nur Zuhören sind erlaubt. Kostenlos und ohne Anmeldung, Vorwissen ist nicht nötig. Leitung: Marina Höfler, Shared-Reading-Facilitatorin.
Wir freuen uns über eine Anmeldung unter office@saumarkt.at.
Do. 22. Mai 2025, 19:30 Uhr, Theater am Saumarkt
Rilke oder Das offene Leben
Biografischer Abriss und Lesung von Sandra Richter aus der soeben erschienenen Rilke-Biografie „Rainer Maria Rilke oder Das offene Leben“.
Anschließend Gespräch mit Philipp Schöbi.
Offen sein und schreiben, mehr wollte Rilke nicht: ein bescheidener und zugleich anspruchsvoller Wunsch. Als Autor erfuhr er „das ganze Leben […], als ob es mit allen seinen Möglichkeiten mitten durch ihn durchginge“. Allerdings auch mit all seinen Widersprüchen: Rilke floh vor seinen Musen und konnte ohne sie nicht sein, beklagte die Folgen des menschengemachten Fortschritts und begeisterte sich für die Technik, er liebte das einfache Leben und hatte eine ausgeprägte Vorliebe für schöne Dinge und Wohnsitze. Er schuf mit den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ einen der ersten modernen Romane und epochemachende Gedichtzyklen, deren Ausdruckskraft bis heute nachwirkt.
- Fr. 23. Mai 2025, 9:30 bis 13:00 Uhr, Theater am Saumarkt
- Rilke-Workshop
- Zwischen Zauberei und Realitätssinn – Rilkes Zyklus „Duineser Elegien“
- Leitung: Christoph König
Die immense Popularität der zehn Elegien wird der Schwierigkeit der Gedichte gegenübergestellt: Lässt sich die Wirkung gerade durch eine Lektüre ergründen, die die Fremdheit der Elegien zu wahren sucht? Der Workshop verbindet die gemeinsame, insistierende lecture à plusieurs der Gedichte des Zyklus samt zugehörigen Fragmenten mit methodischen Fragen: Wie liest man? Wie lässt sich die Lektüre reflektieren? Welche Bedeutung hat die Geschichte der Interpretationskonflikte für die Lektüre?
Die Grundlage der gemeinsamen Arbeit bietet der erste Band „Duineser Elegien und zugehörige Gedichte 1912-1922“ der neuen, seit 2023 erscheinenden historisch-kritischen Ausgabe der Werke Rainer Maria Rilkes.
Wir freuen uns über eine Anmeldung unter office@saumarkt.at.
- Fr. 23. Mai 2025, 19:30 Uhr, Theater am Saumarkt
- Rilkes Werk – Faszination des Unverstandenen
- Einführung durch Christoph König
Rilke-Rezitation von Rebecca Hammermüller: Gedichte Rainer Maria Rilkes, von den „Fünf Sonette[n] an Grete Gulbransson“ bis zu den „Duineser Elegien“ und den „Sonette[n] an Orpheus“.
Seit 2018 wird unter der Leitung des Germanisten Christoph König, Professor für Neuere und neueste deutsche Literatur an der Universität Osnabrück, beim Wallstein Verlag eine neue und vollständige, historisch-kritische Ausgabe der Werke Rilkes vorbereitet:
- Sa, 24. Mai 2025, 19:30 Uhr, Theater am Saumarkt
- Musikalische Intervention zu Rilke: Herbert Walser-Breuß
- Anschließend Podiumsdiskussion: Zur Bedeutung des Belanglosen
- Mit Timo Brandt, Sarah Kuratle, Matthias Müller und Siljarosa Schletterer.
- Moderation: Christoph König
Rainer Maria Rilke. (c) ÖNB Wien
Timo Brandt, geb. 1992 in Düsseldorf. Studium am Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Arbeitet als Literatur-Rezensent, Herausgeber, Übersetzer und Dozent. Seit 2022 betreut er in der Wochenendausgabe Der Standard die Gedicht-Rubrik.
Rebecca Hammermüller, geb. 1997, wuchs in Leipzig auf. Erste Bühnenerfahrung bereits als Kind. Schauspielausbildung an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Seit der Saison 2023/24 Ensemblemitglied am Vorarlberger Landestheater. Sie ist für Bitch Boxer für den Kinder- und Jugendtheaterpreis Stella 2025 nominiert.
Christoph König, geb. 1956. Philologe, Wissenschaftshistoriker und Philosoph, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Universität Osnabrück, Mitglied des Internationalen PEN und 2008/2009 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Er veröffentlichte Bücher über Hugo von Hofmannsthal (2001), Rainer Maria Rilke (2014, 2023), Friedrich Nietzsche (2021) und Peter Szondi (2004); und seit 2023 ist er Gesamtherausgeber der historisch-kritischen Ausgabe der Werke Rainer Maria Rilkes.
Sarah Kuratle, geb. 1989 in Bad Ischl, lebt heute in Dornbirn. Sie studierte Germanistik und Philosophie. Mit ihrem Romandebüt „Greta und Jannis. Vor acht oder in einhundert Jahren“ (2021) stand sie auf der Shortlist für den Literaturpreis Text & Sprache. Ihr Roman „Chimäre“ erscheint im Herbst 2025.
Mathias Müller, geb. 1988 in Bludenz. Autor, Teil des Übersetzer:innenkollektivs Versatorium und des Ilse-Aichinger-Hauses, Teilnahme am DRAMA FORUM. 2019 Arbeitsstipendium des Landes Vorarlberg. 2021 erste Veröffentlichung „Birnengasse“,Sonderzahl, Wien 2021. 2023 erhielt er den Literaturpreis des Landes Vorarlberg.
Sandra Richter, geb. in Kassel, studierte Germanistik, Politikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Hamburg, promovierte in Gießen mit einer Arbeit über die Hugenotten als Literaturvermittler im 18. Jahrhundert, habilitierte sich in Hamburg mit einer Arbeit über Poetiken von Novalis bis Rilke, war Gast an Universitäten in Paris, London und Peking. Ab 2008 Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Stuttgart. Seit 2019 Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach. 2017 veröffentlichte sie „Eine Weltgeschichte der deutschsprachigen Literatur“ (C. Bertelsmann), im Januar 2025 erschien „Rainer Maria Rilke oder Das offene Leben“ (Insel Verlag).
Siljarosa Schletterer, geb. 1991 in Innsbruck. Autorin, Literaturvermittlerin und „Lyrikbotschafterin“. Sie organisiert u. a. das Internationale Lyrikfestival W:ORTE und gibt Schreibworkshops. U. a. erhielt sie das Große Literaturstipendium des Landes Tirol für Lyrik und den Literatur-Anerkennungspreis der Universität Innsbruck. Bei Limbus erschien zuletzt „entschämungen. Körperkantate“ (2025).
Herbert Walser-Breuß, geb. 1967 in Dornbirn, Dozent für Trompete und improvisierte Musik an der Stella Privathochschule für Musik in Feldkirch. Studierte am Vorarlberger Landeskonservatorium und an der Hochschule Mozarteum in Salzburg. Er konzertiert mit N. Harnoncourts “Concentus Musicus“, G. Antoninis “Il Giardino Armonico Milano”, Mitbegründer und Mitglied des Ensembles “Concerto Stella Matutina”.