Betrachten Sie die beiden Titelbilder von zwei verdammt ähnlichen Serien, für welche würden Sie sich entscheiden? Oscuro Deseo (Dunkle Leidenschaft) oder Fatal Seduction? Wir können Ihnen gerne bei der Wahl behilflich sein, denn wir haben beide gesehen.
Seit Kurzem erschien die erste (und leider nicht letzte) Staffel mit sieben Folgen von „Fatal Seduction“ auf Netflix. FSK 16+, Sex, Gewalt, Sexuelle Gewalt. Das erste Bild zeigt eine Kamerafahrt, die Urlaubsstimmung aufkommen lässt, und lässt geografisch versierte Menschen schließen, dass der schöne Berg eigentlich nur der Tafelberg sein kann und wir uns nach Südafrika begeben, genauer gesagt nach Kapstadt. „Universitätsprofessorin Nandi Mahlati, die mit einer Fehlgeburt und der Geheimnistuerei ihres Mannes ringt, begegnet bei einem Wochenendausflug einem jüngeren Mann.“ Genau so viel verrät Netflix auf den Bildschirmen zu Folge 1.
Auf den ersten Blick ist „Fatal Seduction“ ein recht simpler Erotikthriller, bei dem sich eine verheiratete Frau mit einem deutlich jüngeren Mann einlässt. Erst mit der Zeit wird das Ganze komplexer, wenn verschiedene Erzählstränge und Retrospektiven zusammengeführt werden.
Plot zweimal verkauft
Kommen wir nun zu „Oscuro Deseo“ (auf Deutsch „Dunkle Leidenschaft). Hier bewegen wir uns in westliche Richtung nach Mexiko Stadt. Der im Juni 2020 erschienene Serie, bestehend aus zwei Staffeln, beeindruckt durch tolle Schauspieler und deren expressive Mimik und Gestik. Das Beachtliche ist nun, dass exakt derselbe Plot zwei Jahren später für „Fatal Seduction“ verwendet wurde – man machte sich nicht einmal die Mühe, die Namen der Hauptdarsteller, etwa von Richter Leonard, auszutauschen.
Wir wollen jetzt hier nicht in ein klassisches „Schwarz-Weiß-Denken“ verfallen, denn es geht nicht um Mittelamerika oder Afrika, um Mexiko City oder Kapstadt, sondern schlichtweg darum, dass all jene Zuschauer sich regelrecht veräppelt fühlen, wenn sie sich die nächsten Tage „Fatal Seduction“ zu Gemüte führen. Gibt es immer mehr kreative Storywriter oder herrscht auch in dieser Branche ein eklatanter Fachkräftemangel? Oder auf was ist zurückzuführen, dass man diesen Plot, der nicht schlecht aber auch kein richtiger Burner ist, unter anderem Titel als „neu“ und „original“ verkauft werden muss? Proftigier vielleicht?
Unsere Filmkritik zu Oscuro Deseo finden Sie hier:
Denn mehr als Durchschnitt ist die südafrikanische Serie jedoch nicht, gerade bei den Figuren war man schon sehr genügsam. Das offene Ende bei Folge 7 kann für neugierige Seher ganz einfach durch einen Wechsel zu „Oscuro Deseo“ – Staffel 2 – beendet und das Geheimnis gelüftet werden, denn gegen Ende der Serie scheint nichts so, wie es wirklich ist.
Bandi Koeck