Von Thomas Bertram
Amazon hat einmal mehr zugeschlagen und ein neues „Original“ auf den Markt geworfen. Eine 8-teilige Mystery-Serie, die im immer noch ziemlich wilden Westen der USA spielt, obwohl dort auch schon längst das 21. Jahrhundert angekommen ist. Neben den Reitern werden auch Quads eingesetzt, das Mobiltelefon gehört zum Leben einfach dazu usw.
Worum geht es? Es gibt zwei große Handlungsstränge, die sich einerseits verzweigen, andererseits aber auch viel mit einander zu tun haben. Der „einfache“ Handlungsstrang ist ein Totschlag, der vertuscht werden soll, aber irgendwie kommt doch alles ans Tageslicht – buchstäblich. Der mysteriöse Teil ist das „Loch“ im Boden einer Ranch, das der Rancher Royal Abbot (Josh Brolin) auf der Suche nach zwei abhanden gekommenen Rindern findet. Dieses Loch ist angefüllt mit wabernden Nebeln. Fasst man hinein, erlebt man merkwürdige Dinge. Es hat scheinbar keinen Boden, alles verschwindet darin auf Nimmerwiedersehen. Der o.a. Tote ebenso, nur um dann vier Tage später irgendwo im Wald als „frische“ Leiche wieder aufzutauchen. An diesen Handlungsstrang eng gekoppelt ist die Person „Autumn“, gespielt von Imogen Poots, die Royal beim Entsorgen der Leiche beobachtet und ihn zum Ende der ersten Folge selbst in das Loch wirft. Doch er kommt schnell wieder, hat aber Merkwürdiges erlebt. Zwischen diesen beiden Hauptsträngen pendelt der Konflikt zwischen dem reichen Rancher Tillerson mit seinen drei (schnell nur 2 – siehe oben) Söhnen und den Abbotts hin und her, denn erstere erheben ganz plötzlich Anspruch auf das Land mit dem „Loch“. Dass es dieses Loch gibt, wissen am Ende der 7. Folge schon recht viele der Protagonisten. Natürlich werden in den gut sieben Stunden noch viele andere Geschichten mehr erzählt, sie dienen als Füllmaterial bzw. Kitt für das große Ganze. Da wird dann auch die ganz große Diversitätskeule geschwungen. Muss wohl inzwischen sein …
Stärken und Schwächen: salopp gesagt sind die Stärken der Serie gleichzeitig seine Schwächen und umgekehrt. Durch das Ausdehnen der Geschichte auf rund sieben Stunden gibt es zwar dank der vielen Nebengeschichten nie Leerlauf (Stärke) aber die Geschichte selbst wird nur wenig vorangetrieben (Schwäche). Das mysteriöse Loch bekommt gleich zu Beginn eine mystische Bedeutung „aus dem Off“ (Stärke), aber so wirklich wird nie darauf eingegangen (Schwäche). Die Erfahrungen, die Royal mit dem Loch macht und schon früher gemacht hat, sind einerseits erschreckend, alarmierend und wirklich richtig mysteriös. Und sie werden toll ins Bild gesetzt! (Stärke!) Andererseits wird nicht deutlich, ob es schon seit 40 Jahren dort war oder zufällig (?) ein zweites Mal auf dem Boden der Abbot-Ranch auftauchte (Logikbruch – Schwäche). Und was ist mit dieser mysteriösen Autumn? – als Figur stark, aber in der Umsetzung schwach, weil nicht nachvollziehbar. Daran ändert auch der Twist am Ende von Folge 8 nichts.
Schauspielerisch überzeugen konnte mich am meisten Lily Taylor als Royals Ehefrau. Josh Brolin macht seine Sache gut, sein Nachbar und Widersacher Will Patton als Wayne Tillerson ebenso. Alle anderen machen ihre Sache ordentlich, aber nicht überragend, obwohl sie viele eigene Akzente bekommen.
Kurz gesagt: es ist defintiv keine Zeitverschwendung, sich diese Serie anzuschauen, aber ein must-see ist sie nicht.