Gestern gab Yad Vashem bekannt, dass in seiner Zentraldatenbank der Namen der Shoah-Opfer inzwischen fünf Millionen Namen von jüdischen Opfern des Holocaust dokumentiert sind — ein Meilenstein, der über sieben Jahrzehnte intensiver Dokumentations- und Forschungsarbeit sowie neue digitale Methoden widerspiegelt.
Ein erheblicher Teil der jüngsten Fortschritte wurde durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen erzielt, die große Bestandsmengen archivalischer Dokumente, Zeugenaussagen und Listen analysieren und so Identifikationen beschleunigen und vervollständigen helfen. Trotz dieses Fortschritts bleiben schätzungsweise noch rund 1.000.000 Namen unbenannt; Yad Vashem rechnet mittelfristig mit der Möglichkeit, weitere (z. B. ~250.000) Namen durch weitere KI-Analysen und Archivarbeit zu bergen.
Was genau wurde erreicht?
- Fünf Millionen dokumentierte Namen: Yad Vashem hat die Marke von fünf Millionen dokumentierten Namen in seiner zentralen Datenbank überschritten — das Ergebnis jahrzehntelanger Sammel-, Forschungs- und Kooperationsarbeit mit Archiven, Museen, Überlebenden und Familien.
- Verhältnis zur Gesamtzahl: Die Zahl von „sechs Millionen“ als Gesamtopferzahl des Holocaust bleibt die historische Schätzung der jüdischen Opfer; die 5 Millionen bezeichnen diejenigen, deren Namen und soweit möglich biografische Daten derzeit in Yad Vashems Datenbanken verzeichnet sind. Es bleiben also weiterhin Opfer, deren Namen möglicherweise nie überliefert oder recherchierbar sein werden. Genau dies war das Ziel der sog. „Endlösung der Judenfrage“ des SS-Staates, nämlich jüdische Existenz in Europa für immer vergessen zu machen, auszulöschen und zu vernichten!
Wie wurde KI eingesetzt und was kann sie leisten?
- Datenmengen-Analyse: KI/maschinelles Lernen wird eingesetzt, um Millionen von Seiten in unterschiedlichen Sprachen, Deportationslisten, Gedenkblättern, Pages of Testimony (ausgefüllte Erinnerungs-Formulare), Tagebüchern und weiteren Quellen zu durchsuchen, Muster zu erkennen und Namensvarianten sowie Verknüpfungen zwischen Dokumenten automatisch vorzuschlagen. Dadurch werden Arbeitsschritte möglich, die manuell praktisch unmöglich oder extrem zeitaufwändig wären.
Konkrete Resultate: In Pilotprojekten und schrittweiser Anwendung konnte KI bereits Hunderttausende zusätzlicher Identifikationen unterstützen; Yad Vashem nennt als realistische weitere Größenordnung, die mit Technik und weiterer Akquise erreichbar sein könnte, etwa 250.000 weitere Namen — abhängig von Quellenlage und Qualität der Dokumente.
Ethische und methodische Vorsicht: Yad Vashem betont, dass KI-Ergebnisse von Fachleuten validiert werden müssen. Automatische Zuordnungen werden nicht „blind“ übernommen: Forscher prüfen vorgeschlagene Zuordnungen, um Fehlinformationen zu vermeiden (z. B. bei häufigen Namen, Tippfehlern oder ähnlichen Ortsangaben). Dokumentation, Transparenz der Methoden und Nachvollziehbarkeit stehen dabei im Vordergrund.
Yad Vashem: Mandat, Instrumente und Projekte
- Auftrag: Yad Vashem ist die nationale und internationale Institution zur Erinnerung, Dokumentation, Forschung und Bildung über den Holocaust. Zu den Kernaufgaben zählen die Sammlung von Zeugnissen und Dokumenten, historische Forschung, pädagogische Programme und das Gedenken an die ermordeten Juden Europas.
Zentrale Ressourcen:
Central Database of Shoah Victims’ Names/Hall of Names: Die zentrale Sammlung von „Pages of Testimony“, Listen und weiteren Quellen bildet die Grundlage der Identifikations- und Erinnerungsarbeit. Das Gebäude/Hall of Names und das digitale Pendant sind zentral für die Arbeit.
The Book of Names & öffentliche Aktionen: Großprojekte wie das „Book of Names“ (z. B. gezeigte Exemplare/Aktionen bei den Vereinten Nationen) machen das Anliegen global sichtbar und sind Teil der Erinnerungs- und Advocacy-Arbeit.
Bedeutung dieses Meilensteins
- Individuelle Würde zurückgeben: Jede zusätzlich dokumentierte Person bedeutet, dass ein Leben namentlich wieder in die Geschichte zurückgeführt wurde — gegen die Absicht der Täter, nicht nur zu töten, sondern Menschen zu ent- und auszulöschen. Yad Vashem selbst formuliert dies als moralische Verpflichtung: „Hinter jedem Namen steht ein Leben, das zählte.“
Bildung und Forschung: Vollständigere Namens- und Biographiedaten bereichern die historische Forschung, ermöglichen lokal- und familienbezogene Studien und verbessern Bildungsprogramme gegen Verharmlosung und Leugnung.
Zeitfaktor: Die Zeit drängt — mit dem Tod der noch lebenden Überlebenden wird die direkte Zeugenschaft weniger; deshalb gewinnt die Archiv-, Dokumentations- und Digitalisierungsarbeit in den nächsten Jahren besonders an Bedeutung.
Herausforderungen und Grenzen - Lücken in Quellen: Viele Opfer wurden in chaotischen Umständen ermordet; für zahlreiche Menschen existieren keine erhaltenen offiziellen Listen oder Zeugnisse. Manche Regionen und Volkszählungen sind zerstört oder nie akribisch geführt worden. Deshalb ist davon auszugehen, dass nicht alle Namen jemals rekonstruiert werden können.
Fehlerrisiken bei Automatisierung: Automatische Namensabgleiche müssen sorgfältig kalibriert werden (z. B. Mehrsprachigkeit, Namensvarianten, Patronyme), sonst drohen falsche Zuordnungen. Darum bleibt die Kombination aus KI-Vorschlag und menschlicher Überprüfung die etablierte Vorgehensweise.
Die End-of-Year-Kampagne von Yad Vashem
- Zweck der Kampagne: Yad Vashem führt regelmäßig Spenden- und Awareness-Kampagnen zum Jahresende durch, um Mittel für Fortführung von Dokumentationsarbeit, Digitalisierung, Bildungsprogramme, Lehrerausbildung und das Shoah-Victims-Names-Projekt zu sammeln. Für die End-of-Year-Aktionen wird häufig ein Matching-Programm (z. B. ein anonymer Spender verdoppelt Spenden) angekündigt, um die Wirkung der Gaben zu erhöhen.
Wohin die Mittel fließen: Kernbereiche sind die Digitalisierung von Archivalien, Ausbau der KI-gestützten Recherche-Tools, internationale Bildungsangebote, Ausstellungen und Programme zur Bekämpfung von Antisemitismus.
Einordnung und Ausblick
- Fortschritt, kein „Ende“: Die Dokumentation von fünf Millionen Namen ist ein bedeutender Fortschritt — aber nicht das „Endziel“. Die Arbeit der Namenserfassung, Validierung, Forschung und Bildung wird fortgesetzt. Technische Innovationen (KI, maschinelles Lernen, bessere digitale Zugänglichkeit) werden diese Arbeit weiter beschleunigen, bleiben jedoch Werkzeuge im Dienst historischer Sorgfalt.
Beteiligung der Öffentlichkeit: Familien, Gemeinden, Forscher und Freiwillige bleiben wichtige Quellen: Pages of Testimony, private Fotos, Tagebücher und lokale Archive liefern oft den fehlenden Hinweis, den KI-Systeme dann verbinden können. Öffentliches Engagement und Spenden sind daher unmittelbar wirkungsvoll.

Spenden-Factbox (Ende-Jahr / praktisch)
- Warum spenden? Ihre Unterstützung ermöglicht Digitalisierung, KI-gestützte Recherche, Bildungs- und Erinnerungsinitiativen — konkret: mehr recherchierte Namen, bessere Online-Zugänge zu Archiven, Lehrerbildung gegen Antisemitismus und öffentliche Ausstellungen, die das Gedenken lebendig halten.
Offizielle Spenden-Kanäle (Auswahl / Stand: Yad Vashem online):
Yad Vashem (Zentrale, Donation-Formulare): Online-Spendenformulare und Jahresend-Matching-Aktionen werden über die Website/Donation-Formulare angeboten. E-Mail-Kontakt: donate@yadvashem.org.il.
National/Regional Tochterorganisationen: In vielen Ländern (UK, DE, etc.) gibt es Friends-Organisationen oder nationale Kanäle (z. B. Yad Vashem UK), über die lokal vertraute Zahlungswege und Gift-Aid/Tax-Relief möglich sind.
Symbolischer Beitrag: 18 USD/EUR (häufig als symbolische Spende in jüdischen Kontexten verwendet).
Mittlere Beträge: 50 USD / 180 USD — oft mit Nennung als „Tribute“ möglich.
Größere Förderungen / Matching: Spenden ab mehreren Hundert bis Tausend (oder Wertpapierspenden/DAFs) werden für größere Digitalisierungs- oder Stipendienprojekte eingesetzt. (Konditionen und Anerkennungen variieren je nach Land/Organisation.)












