Alberts Notion: Das wird man doch noch sagen dürfen!

Dr. Albert Wittwer

„facts are sacred, comment is free“*)

Der „Pragmaticus“, ein elegantes, monatlich gedruckt erscheinendes Journal, sieht in der Europäischen Union die Redefreiheit durch Zensur bedroht. Schädlich sei der Digital Service Act (DSA) schon vor seiner vollständigen Anwendung in den Mitgliedsländern, die im Jahr 2026 vorgesehen ist. Staatliche Faktenprüfer werden bestellt, die in den Sozialen Medien behauptete Fakten überprüfen und strafrechtswidrige Inhalte löschen.

Von Dr. Albert Wittwer

Nach der Abschaffung der Vorzensur gibt es – mit Unterbrechung während des Faschismus – wie oben beschrieben seit etwa hundert Jahren für Medieninhalte nur noch die Nachzensur.

Der Pragmaticus hält es für zutreffend, wenn der US-Außenminister von president‘s Gnaden die mangelnde Redefreiheit in Europa kritisiert. Wie auf der Sicherheitskonferenz im Februar in München. Der Minister drohte, den militärischen -Schutz der USA für Europa nicht aufrechterhalten, falls das nicht geändert wird. Was er wirklich schützen will ist allerdings unausgesprochen das Geschäftsmodell der Sozialen Medien im Stil von Facebook, Instagram, Twitter, Truth Social u.ä.

Als hätte die Redefreiheit mit dem Twittern irgendwas gemein. Kann man mit Reden und Flugblättern als politische Partei heute ohne soziale Medien noch Wahlen gewinnen?

Der Pragmaticus lobt Marc Zuckerberg, der die Faktenprüfung für Facebook und Instagram für die USA schon beendet hat. Vielleicht haben Sie einen Account auf Facebook (fb). Wieviele Beiträge von ihren vielleicht mehr als hundert Freunden, die nichts dafür an fb bezahlen, sehen sie? Wieviele Aufrufe gibt es für ihre eigenen Beiträge? Selbst wenn sie mit einem Kätzchen auf der Schulter posten, sind es jedenfalls weniger als fünfzehn. Außer sie posten etwas wirklich Verrücktes oder Anstößiges, leisten also einen für fb wichtigen Content-Beitrag. Oder sie zahlen dafür – wie sogar die Lokalpolitiker, wenn sie für Wahlen kandidieren.

Der Pragmaticus vermeint, wir seien alle reif genug, zwischen Fakten und Fiktion zu unterscheiden. Er unterstellt, wir hätte alle genug Zeit, Ressourcen und Energie, behauptete Fakten selbst zu überprüfen. Denn auf fb und Instagram erledigen die Bewertung von Äußerungen hinsichtlich des Tatsachengehaltes die Nutzer selbst – mithilfe sogenannter Community-Notes. Sehr beruhigend.

Ich aber zahle gerne den Rundfunkbeitrag, die beiden Abos von Qualitätszeitungen und sogar für den Pragmaticus, weil die Redakteurinnen eine Faktenprüfung vornehmen, die ich selber nie leisten könnte. Und weil ich meine beschränkte Aufmerksamkeit nicht in Bullshit verplempern möchte.

Um was man sich sorgen müßte, das ist die Pressefreiheit. Sie wird im Westen wohl eher durch Oligarchen, stets in inniger Freundschaft mit Potentaten, bedroht. Die haben für Shit-Storms etwas übrig; sie verdienen daran.

Allerdings gestehe ich, daß ich oft mit dem Pragmaticus übereinstimme. Etwa dass das Gendern, die behördliche Festlegung des Geschlechtes nicht mehr nach biologischen Merkmalen, sondern nach „der innerlich gefühlten Geschlechtsidentität“*), den Rechtspopulismus begünstigt, wie zuletzt eindrucksvoll in den USA zu sehen war. Und es stört mich auch, dass nicht nur die klassischen Comics sondern auch die Weltliteratur der letzten Jahrhunderte nach diesem Maßstab umgeschrieben werden müssten.

Anmerkungen:

*) „Fakten sind heilig, der Kommentar ist frei.“ The Guardian, brit.Qualitätszeitung, Motto des Gründers C.P.Scott. Die Freiheit ist allerdings in den Grenzen des Medienrechtes zu sehen.

Pragmaticus Ausgabe 4, Mai 2025, Pragmaticus Verlag AG Schaan, FL;

Pressefreiheit: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2025

*) U.a.: Bundes-Gleichbehandlungsgesetzt für öffentl. Bedienstete.

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