Von Dr. Albert Wittwer
Wer zahlt, schafft an?
Der amtierende Finanzminister ist in Bedrängnis. Es geht um die Frage, ob man sich politisches Wohlwollen, Interventionen erkaufen kann. Das „Wer zahlt, schafft an“, soll nach allgemeinem Verständnis, gestützt auf die Expertise der Rechtsphilosophie, im staatlichen Raum, auf der Ebene der politischen Entscheidungsfindung, der Justiz und auch der Verteilung knapper Ressourcen, etwa derzeit Impfdosen, nicht gelten. Gesetze, Verordnungen, Bescheide, Auftragsvergaben sollen objektiv und unparteilich sein und niemanden unsachlich begünstigen. Schon gar nicht diejenigen, die die Parteien finanzieren.
Bestechung ist variantenreich. Als Gegenleistung für persönliche Vorteile fließt Schmiergeld. Bei Auftragsvergaben Kickbacks für „Beratung“. Aber auch elitäre Fortbildungsveranstaltungen im Luxushotel, Aufsichtsratsmandate für Ehegattinen, Goldbarren. Eine weitere Form der – teils legalen – Bestechung ist die Parteienfinanzierung.
Es gibt vier Methoden, zu verhindern, daß Amtsträger, etwa Abgeordnete oder Minister, sich bestechen lassen. Es sind das: 1. Transparenz, kombiniert mit Obergrenzen für die Parteienfinanzierung. 2. Strafbestimmungen: Die Annahme und das Versprechen von Vorteilen ist auch dann strafbar, wenn die Entscheidung sachlich richtig ist und den Bestechenden nicht unfair begünstigt. 3. Schließlich die öffentliche Diskriminierung in den Medien. Denn auch für Anhänger von Ayn Rand *) gilt: Du sollst dich nicht erwischen lassen.
Wie man die österreichischen, eher müden Parteispendenvorschriften umgeht, haben wir aus dem Ibiza-Video von kompetenten Hauptdarstellern gelernt. Man spendet an Vereine, PACs: Political Action Comittees. Das „dark Money“ kann dann nicht zurückverfolgt werden. Als Gegenleistung kamen schon in Betracht: Privatisierung der BUWOG-Wohnungen (erfolgreich), des Trinkwassers (wegen Widerstands der Gemeinden abgeblasen), Verkauf von Staatsbeteiligungen an Interessenten und natürlich staatliche Aufträge, vielleicht in Kombination mit sogenannten Überkompensations-Gegengeschäften (Abfangjäger).
Erwähnenswert wäre noch der legale Klassiker: Presseförderung und Inserate gegen wohlwollende Berichterstattung. Wir erinnern uns noch mit Gruseln, wie der unbotmäßige ORF privatisiert werden sollte. Eine Volkabstimmung war in Vorbereitung; sie wurde nach einem Probelauf in der Schweiz, die vom Stimmvolk dankenswerterweise versenkt wurde, abgeblasen.
In Österreich darf der überaus kompetente Rechnungshof nicht selber die Parteibuchhaltung prüfen, er prüft nur formal, die Einsicht in die Buchhaltung der Parteien ist ihm versagt. Aber immerhin.
In der Schweiz gibt es dazu: Nichts. Es gibt keine Obergrenzen für die Parteienfinanzierung und auch nicht die geringste Transparenz. Ein Wunder, daß die u.a. von SwissHoldings teuer bekämpfte Konzernveranwortungsinitiative trotzdem beim Volk mehrheitsfähig war und nur am Ständemehr der kleinen Kantone hängen blieb.
In den USA dürfen die Political Action Committees innerhalb von Wertgrenzen Parteien fördern, aber in unbegrenzter Höhe selber Parteiwerbung schalten.
Eine öffentliche Parteienfinanzierung und mindestens teilweise wirksame Regeln für die Spenden gibt es außer in Österreich u.a. auch in Deutschland, Italien und Frankreich.
Ich möchte erwähnen, daß ich aus Erfahrung die große Mehrheit der Menschen und der Politiker in Österreich nicht für bestechlich halte. Das liegt auch an der seriösen Bezahlung der arbeitsintensiven Funktionen, von der man leben kann. Im neuerdings biotopischen Zentrum der Macht mögen eigene Spielregeln gelten. Wird man über Nacht erwählt, durch persönliche Loyalität dort hineingespült, wartet auf die Ministerin und den Minister durchaus die Stunde der Bewährung. Sie mögen rechtzeitig erkennen, daß es unsere schöne Republik ist, die die Loyalität wahrlich verdient.
Links und Anmerkung:
*) Alissa Zinovievna Rosenbaum, Ihr Roman „Der ewige Quell“, ist heute noch eine Bibel der Feinde des „tiefen“ Staates, laut Die Zeit: „Puppenhausprosa der Kapitalisten“, die vermeintlich alles besser können als dieser.