Nexhat Maloku – Der Brückenbauer zwischen Schweiz und Balkan

Nexhat Maloku vor dem Gebäude der "Liga" in Prizren/Kosovo. Foto: Bandi Koeck

Wenn Nexhat Maloku von seinen Reisen erzählt, dann funkeln seine Augen. Seit über 30 Jahren führt der 65-Jährige Lehrpersonen aus der Schweiz und Liechtenstein in seine alte Heimat Kosovo, nach Albanien und Nordmazedonien. Was als kleine Initiative begann, ist heute eine einzigartige Bildungsreise, die Brücken baut – zwischen Kulturen, Menschen und Generationen.

Doch der Weg dorthin war alles andere als geradlinig.

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Von Bandi Koeck

Vom Studenten zum politischen Gefangenen

Maloku wächst im Süden Kosovos auf, studiert albanische Literatur an der Universität Pristina – eine Zeit des Aufbruchs, aber auch der Repression. Als 1981 Studierende auf die Straße gehen, um mehr Autonomie für Kosovo zu fordern, ist Nexhat mittendrin.
„Wir wollten, dass Kosovo eine Republik wird, gleichberechtigt wie die anderen“, erzählt er. Doch die Hoffnung wird brutal niedergeschlagen. Er wird dreimal verhaftet, von 1978 bis 1988, und im Gefängnis gefoltert – psychisch wie physisch.

„Es war schrecklich. Man galt als Verräter“, erinnert er sich. Seine „Schuld“: der Traum von Freiheit und Gleichberechtigung.

Flucht in die Schweiz – Neubeginn aus dem Nichts

Als Jugoslawien zu zerfallen beginnt, flieht Maloku 1990 in die Schweiz – auf illegalen Wegen, mit Hilfe von Freunden. Er spricht kein Wort Deutsch, hat nichts außer seiner Bildung und seinem Überlebenswillen.
Doch er kämpft sich durch. Er lernt die Sprache, findet Arbeit, beginnt als Lehrer für „Heimatliche Sprache und Kultur“ (HSK) zu unterrichten.

Bald unterrichtet er nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene – Lehrpersonen, Sozialarbeitende, Menschen, die Albanisch lernen wollen, um ihre Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen. „Ich habe gesehen, dass viele Lehrpersonen kaum wussten, woher ihre albanischsprachigen Kinder kamen“, sagt Maloku. Und so entsteht eine Idee, die sein Leben erneut verändern wird.

Ein Pionier der Bildungsreisen

2003, kurz nach dem Krieg, organisiert er die erste Studienreise nach Kosovo. „Ich wollte, dass Lehrpersonen das Land mit eigenen Augen sehen“, erklärt er. Schulen besuchen, Familien treffen, Geschichte erleben.

Seitdem begleitet er jedes Jahr Gruppen von Lehrpersonen auf zehntägige Bildungsreisen durch den Balkan – von Pristina bis Tirana, von Berat bis ans Meer. Rund 700 Teilnehmende waren bisher dabei.

Die Begegnungen prägen – auf beiden Seiten. Viele Lehrpersonen halten den Kontakt zu den Familien, die sie dort kennengelernt haben, organisieren Schulprojekte oder private Besuche. „Das Schönste ist, wenn Vorurteile verschwinden“, sagt Nexhat. „Wenn jemand zurückkommt und sagt: Ich sehe dieses Land jetzt mit anderen Augen.

Brückenbauer mit Herz

Heute lebt Maloku in Zürich, aber sein Herz schlägt zwischen den Welten. Auf seinen Reisen wird er überall herzlich empfangen – auf Albanisch oder im breitesten Schweizerdeutsch.
Er lacht, wenn er erzählt, wie er ehemaligen Teilnehmenden in Tirana begegnet, die ihn in Schweizer Dialekt ansprechen.

„Ich wollte einfach etwas Gutes machen“, sagt er bescheiden. Doch tatsächlich hat er mehr getan: Er hat das Verständnis zwischen zwei Kulturen nachhaltig geprägt.


Factbox: Nexhat Maloku

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