Lautet der (unausgesprochene) Einsatzbefehl der sich höhere Gewalt anmassenden Führer an die oft zwangsverpflichteten jungen Männer, die im Krieg Sprengdrohnen, Jagdbomber, Schützenpanzer steuern und Geschosse abfeuern müssen.
Von Dr. Albert Wittwer
„Schwere Brände in Teheran, Tote in Israel“ sind aktuell die Schlagzeilen auf ORFat.news. Verdrängt sind die russischen Angriffe auf Zivilisten in der Ukraine oder die weitere Zerstörung von Gaza.
Aus ethischer Sicht ist alles klar: Es darf kein Unschuldiger getötet werden, um einen überführten, gerichtlich verurteilten Mörder auszuschalten. Im humanitären Völkerrecht, noch mehr im Strafrecht sind das Verbrechen. Auch im Kriegsrecht sind die Grenzen enger gezogen. Ein gegenwärtiger, hochgefährlicher Angriff darf auch bei Lebensgefahr für einzelne unbeteiligte Zivilisten abgewehrt werden. Aber beliebige vorauseilende Bombardements, weil man gerade darauf gut vorbereitet sei, sind verboten.
Kann der Befehlsnotstand die Soldaten entschuldigen? Vom wohl unvermeidlichen Trauma sowieso nicht. Da hilft dann nur Ecstasy und Therapie, vorübergehend. Die sich dem Militäreinsatz entziehen, Fahnenflüchtige, Wehrdienstverweigerer werden traditionell von ihrem Volk, ihrer Gruppe, diskriminiert. Die Soldaten selbst seien kaum von einer Ideologie durchdrungen, für die sie ihr Leben riskieren. Ihr Mut, ihre Treue gilt den Kameraden, die sie nicht im Stich lassen. An die Ideologie glaubt allenfalls die Militärführung, unsere Großeltern haben vielleicht den Gröfaz (Größter Feldherr Aller Zeiten) in Erinnerung.
Die Strategie, die Zivilbevölkerung mit Terror zu überziehen, hat sich noch nie bewährt. Weder der Bombenterror des deutschen Faschismus in London noch die Zerstörung von Dresden und Hamburg durch die Britische Luftwaffe haben zur Beendigung des Krieges beigetragen, noch weniger den Frieden herbeigeführt. Vielmehr ist der Zusammenhalt der Bevölkerung drastisch bestärkt worden. Das ist wohl bei der Bevölkerung der Ukraine, von Gaza oder Teheran nicht anders. *)
Welchem strategischen Ziel dienen also die Angriffe? Soweit ich sehe nur dem Machterhalt der jeweiligen wackeligen Diktatoren. Macht korrumpiert und stört die Empathie, die Mächtigen fühlen sich anderen Menschen nicht verbunden. **) Beenden sie einen Angriffskrieg, den sie selbst, unter dem Vorwand, dem Feind zuvorzukommen, begonnen haben, ist zugleich ihr Regime beendet und sie können sich gleich für internationale oder innerstaatliche Strafverfahren in Untersuchungshaft begeben. Daher gibt es für sie keinen Weg zurück.
Das ist kein Plädoyer für bedingungslosen Pazifismus. Der Frieden, der soziale Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Kultur, gelebte Demokratie, die Bewahrung der Natur, sie entstehen in Zeiten der Chatbots, Trojaner, Fake-News und kriegslüsterner Imperien nicht von selbst, sind kein Default-Zustand des AI-Zeitalters. Sie wurzeln im achtsamen, wehrhaften Selbstbestimmungsrecht der Europäischen Union: „Si vis pacem, para bellum“. – „Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor“-. ***) Das gilt seit der römischen Antike bis heute.
Anmerkungen:
Die Droge Ecstasy gegen Trauma: https://www.sciencemediacenter.de/angebote/23156
*) „Luftkrieg: Kein Beweis für Schwächung der Moral“, Belege in Bregman, im Grunde gut, rororo
**) „Power Causes Brain Damage“, Jerry Useem 2017
***) Publius Flavius