Zwischen Klassenzimmer, Kamera und Künstlicher Intelligenz – Das vielschichtige Leben des Arno Brändle

Arno Brändle ist ein unglaublich kre-aktiver Kopf. Fotos: Bandi Koeck

Wenn Arno Brändle erzählt, spürt man sofort: Dieser Mann hat mehr erlebt, als in ein Lehrerleben passt. Und doch ist er seit 35 Jahren Lehrer – und das mit einer Leidenschaft, die man ihm nicht immer zugetraut hätte. Denn eigentlich war es gar nicht sein Traumberuf. Erst in Liechtenstein, als er plötzlich nicht einer von vielen Lehrern war und riesige Klassen unterrichten musste, sondern Klassenlehrer mit Verantwortung für 13 Jugendliche, erkannte er, was Schule wirklich bedeutet: Beziehungsarbeit. Lernen, so sagt er, sei immer Beziehung.

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Doch das Klassenzimmer war ihm nie genug. Brändle, heute 59 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier erwachsener Kinder und wohnhaft in Feldkirch-Tosters, hat sich sein Leben immer wieder neu erfunden. Mal als Filmemacher, mal als Bildungspionier, mal als früher Experte für künstliche Intelligenz im Unterricht.

Sprachbrückenbauer und Weltreisender

Eine Episode, die fast filmreif klingt: Mitten in der Flüchtlingskrise 2015 engagiert sich Brändle bei Liechtenstein Languages, einer Stiftung, die Geflüchteten mit innovativen Methoden das Sprachenlernen erleichtert. Aus einer spontanen Idee – unterstützt vom Fürstenhaus – entsteht ein europaweit anerkanntes Projekt. Brändle reist dafür nach Berlin, Genf, Marrakesch, Ankara und bis an die syrische Grenze. Sein Unterricht wird zu einem Instrument, das Integration möglich macht.

Auch privat sucht er Abenteuer jenseits der Komfortzone: Mit seiner Frau reist er in den 90ern im selbst ausgebauten Transporter nach Indien – und heiratet dort am südlichsten Zipfel Keralas. Eine zweite Trauung folgt spontan in Pakistan. Offiziell gültig gemacht wird die Ehe später in Wien. Eine Geschichte, die so nur Brändle schreiben konnte.

Leidenschaft für Film

Früh fasziniert ihn die Kamera. Erste Super-8-Versuche scheitern an den Kosten, doch mit der Digitalisierung wird Filmemachen leistbar. Brändle dreht mit Schülern Kurzfilme, gewinnt Wettbewerbe in Zürich und Liechtenstein und finanziert damit sogar Abschlussfahrten. Besonders prägend: ein improvisierter Film über Terrorismus – nur Tage vor dem Anschlag auf Charlie Hebdo entstanden. Plötzlich hatte das Projekt politische Brisanz.

KI im Klassenzimmer

Seit 2022 ist Brändle einer der ersten Lehrer im Rheintal, der das Potenzial von ChatGPT erkennt. Während viele noch skeptisch sind, experimentiert er schon im Unterricht. Seine erste Idee: Die Schüler schreiben sich mithilfe von KI gegenseitig Laudatios – ein sozialer, wertschätzender Einsatz, der die Klassengemeinschaft stärkt. Später entstehen sogar eigene Schulmanifeste.

Für Brändle ist KI kein Ersatz, sondern ein Spiegel. Sie zwingt ihn, die eigenen Vorurteile zu erkennen, und eröffnet Schülern neue kreative Räume. Er spricht nicht von Vereinfachung, sondern von Befähigung. KI, so sagt er, ermögliche Dinge, die bisher unmöglich waren.

Arno Brändle – Lehrer, Filmemacher, Weltreisender, KI-Pionier. Ein Mann, der stets neugierig bleibt und der beweist, dass Lernen nie aufhört – weder für Schüler noch für Lehrer.


Factbox: Arno Brändle

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