Alberts Notion: Von der Trägheit zur Anästhesie des Herzens?

Dr. Albert Wittwer

Die Ignoranz, die Gleichgültigkeit, die „arglistig unterhaltene Unwissenheit“. So verführt uns die Trägheit des Herzens zum stumpfsinnigen Konsumverhalten, zur Abwendung von Nöten des Nachbarn und der Natur, zur seichtesten Unterhaltung. Seltener zur übertriebenen Arbeitslust. Nicht nur als Abwechslung von den Alltagssorgen, sondern in Verfolgung einer vermeintlichen Glücksverheißung, „pursuit of happiness“, plumper Bereicherung, einer Bestimmung zum – in Wahrheit unerreichbaren, weil in der Konsum- und Wettbewerbsideologie unerfüllbaren – Glück.

Von Dr. Albert Wittwer

Neu tritt zur Trägheit hinzu die Anästhesie des Herzens. Sie wird uns, wenn wir nicht achtsam sind, zugefügt. Die Technik ist: Bedeutende, politische Führungspersönlichkeiten machen sich in und außerhalb sozialer Medien über bestimmte Personengruppen lustig, machen sie verächtlich. Einer der harmloseren Vorläufer waren die sogenannten Blondinenwitze. Auch ich lachte darüber. Aber sie bleiben nicht ohne Wirkung, die Psychologen sagen, sie verändern die Weltsicht, mag man auch darüber lachen. Das Lachen vermindere die Empathie. Blondinen müssen beweisen, dass sie nicht oder mehr als „blind, blond, blöd und blauäugig“ sind, also außer ihrer Attraktivität noch Nützliches leisten können.

Stalin und Hitler und Mao wussten das. Ein Witz war tödlich. Bei Donald kostet er Aufträge. Und wer weiß, was die Helfershelfer und die bewaffneten Garden, allesamt unter seiner Kontrolle, als nächstes untersuchen. Mindestens die Steuererklärung. Er selber macht gerne Witze über Migranten, sogenannte Illegale, unbotmäßige Wissenschaftler und Journalisten. Ohne ihn, Trump, werde es für die überfallene Ukraine keinen Waffenstillstand geben. Aus Sicht Moskaus ist Selenskyj sowieso „ein Clown, ein Loser, erbärmlich“. Mindestens in den selbsternannten Großmacht-Ländern wird das alles, nach ständiger Wiederholung, geglaubt. Hinter den taktischen, von den Medien dankbar rezipierten Unterhaltungsgags verbirgt sich die Strategie Machterhalt, Merkantilismus, persönliche Bereicherung.

Vorarlberger Klassiker sind die Witze über Laternser und Walsertaler, das sind Verwandte der Ostfriesenwitze und der in der Schweiz überaus gebräuchlichen Witze über Österreicher.

Den Schweizern, die ich darauf anredete, ist es völlig unverständlich, dass die Österreicher mit ihren Lebensumständen eine hohe Zufriedenheit aufweisen. Die Liechtensteiner haben in einer Volkabstimmung den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs nach Vorarlberg abgelehnt. An beiden revanchieren wir uns nicht, es gibt zu viele Grenzgänger.

Allgemein und europaweit beliebt sind allerdings Beamtenwitze. Die versuchte ich, heute Beamter im Ruhestand, während eines langen Berufslebens aktiv zu entkräften.

 Ich weiß, Moralisieren ist langweilig, Lachen ist gesund. Witze sind oft erhellend, entlarvend. Wünschen wir uns, oft lachen zu können. Mehrmals am Tag!

Anmerkungen:

Die mobile Version verlassen