Albert Ruetz: Im Dienste der Spanier in Vorarlberg

© Bandi Koeck

Er ist ein umtriebiger Mensch: Mag. Albert Ruetz (76) war Kulturamtsleiter der Stadt Feldkirch, ist Obmann der Rheticus-Gesellschaft und bis vor kurzem auch Honorarkonsul.

Albert Ruetz liebt das Alte, das Bewährte als Fundament des Neuen und Werdenden. Seit mittlerweile elf Jahren befindet sich der ehemalige Kulturamtsleiter der Stadt Feldkirch im wohlverdienten Ruhestand. Doch neben seinen beiden Enkeln, die er leidenschaftlich bekocht, gibt es eine Vielzahl an Tätigkeiten, die er mit Wonne ausübt: So ist Ruetz etwa Mitglied der Jury beim Internationalen Verein der Mund- und Fußmaler. Der Globetrotter fliegt von einer Ausstellung zur nächsten: Atlanta, Madrid, Barcelona, Athen. Fast 20 Jahre lang war er zudem als Honorarkonsul für das Königreich Spanien tätig. Gsi.News traf ihn in seinem kolossalen gelben Haus, das nicht durch Zufall den selben Anstrich wie Schloss Schönbrunn hat.

Von Bandi Koeck

Herr Ruetz, Sie fungierten zwei Jahrzehnte lang als Honorarkonsul für das spanische Königreich mit Sitz in Rankweil. Wie kam es dazu?

Ruetz: Im Prinzip habe ich das Amt geerbt. Mein Schwiegervater war nach dem Krieg, den er in Spanien im Exil verbracht hat, eigentlich aus Dankbarkeit Vize-Honorarkonsul, wie es damals hieß, geworden. Er wollte, als er 70 war, das Amt an mich übergeben, was ich aus familiären Gründen abgelehnt hatte. Ich hatte nämlich zwei kleine Kinder und keine Zeit. Damals wurde Franz Bischof von der Druckerei Rueff in Muntlix sein Nachfolger. Als dieser im Jahre 2000, wenn ich mich richtig erinnere, starb, bat mich die spanische Botschaft, ob ich das Amt übernehmen könne. Seitdem bin ich Honorarkonsul. Dies ist kein bestelltes oder bezahltes Amt, auch kein diplomatisches. Es ist ein Ehrenamt. Ich bot Hilfe an für die Spanier, die nach Vorarlberg kommen.

Welche Aufgaben hat ein Honorarkonsul und welches sind Ihre prägendsten Erfahrungen in dieser Funktion?

Ruetz: Die Aufgaben waren sehr different. Die Leute kamen, um die Kinder anzumelden, Passanträge zu stellen, um sich selber in der Botschaft anzumelden. Sie erhalten dort nur Hilfe, wenn sie zuvor angemeldet sind. Bis vor einigen Jahren konnte ich sogar noch selber die Passanträge machen. Seit der Einführung der Fingerabdrücke geht das nicht mehr, allerdings Kinderpässe für Kinder bis zu 12 Jahren konnte ich weiterhin ausstellen. Alles ging zuerst über mich und dann über die Botschaft in Wien. In manchen Wochen waren es vier bis fünf Stunden, es konnte manchmal mehr sein. Etwas über 500 Spanier sind im Land. Früher war ich Honorarkonsul für Tirol und Vorarlberg. Dort hat sich aber ein eigenes System entwickelt.

Welchen Bezug hegen Sie zu Spanien respektive zur spanischen Kultur?

Ruetz: Die Beziehung zur spanischen Kultur ist die Beziehung, die man zu den Mittelmeerländern in unseren Breiten hat. Ich bin ein alter Humanist, hatte acht Jahre Unterricht in Latein und sechs in Griechisch. Es ist eine unmittelbare Beziehung, zum einen aufgrund der Lebensgeschichte meines Schwiegervaters Dr. Kurt Fragner, und natürlich auch aus persönlichem Interesse an diesem Land. Ich komme aus der Kunst- und Kulturgeschichte, wo Spanien mit den großen Künstlern etwas ganz Wichtiges, Wesentliches in der europäischen Kunstgeschichte ist. Darüber hinaus ist mir wichtig, dass Spanien in der Kulturgeschichte wesentlich dazu beigetragen hat, dass die abendländische Kultursituation, die leider sehr oft sehr kurz als christlich- abendländische Kultur bezeichnet wird. Aber gerade das spanische Konglomerat aus christlicher, maurischer und jüdischer Kultur hat zum Werden der europäischen Kultur beigetragen. Dies wird bei uns nie erwähnt.

Wie stehen Sie zu den ungebändigten katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen?

Ruetz: Ich bin erstaunt, dass ein europäisches Land sich aus einem europäischen Mitgliedsland verabschieden will und gleichzeitig die Absicht hat, nach Europa zu gehen. Das erscheint mir pervers. Eines der Probleme, die wir in Europa haben ist, dass wir in manchen Landschaften hohe wirtschaftliche Kapazität haben, dass aber gleichzeitig diese Regionen das Gefühl haben, auch für die ärmeren Regionen aufkommen zu müssen. Wenn zum Beispiel Oberitalien sagt, wir müssen diese süditalienische Mafiagegend unterhalten, dann fehlt die Solidarität zur gesamten Gemeinschaft, die für einen funktionierenden Staat eine Voraussetzung ist. Was ich allerdings nicht ganz verstanden habe, war die radikale Vorgehensweise der Regierung Spaniens. Denn Gewalt kann immer wieder nur Gewalt erzeugen.

Lange Jahre war Ihr Arbeitsplatz im Palais Liechtenstein in Feldkirch in der Kulturabteilung. Mit Ihrem 65. Geburtstag am 2. 2. 2010 traten Sie in den Ruhestand. Auf welche Ereignisse blicken Sie heute, genau elf Jahre später, zurück?

Ruetz: 13 Jahre leitete ich die Kulturabteilung. 52 Kulturvereine wurden damals vom Kulturreferat betreut, dazu gehörte auch die Musikschule. Im Allgemeinen war es eine sehr spannende Zeit. Mein Büro war ständig offen und es gingen viele ein und aus. Viele Wünsche wurden an mich gestellt. Wenn es ums Geld geht, dann sind auf einmal viele der Kultur sehr zugetan. Interessanterweise ist es auch so, dass Kultur nicht immer diesen Wert hatte oder hat, der ihr eigentlich zustünde. Meistens meint man, dass Kultur ein Privatvergnügen sei, der Unterhaltung und in der realen Welt nur dem Schöngeistigen diene. Etwa im Sinn der Frage: Was braucht ma des? Jedoch ist Kultur im weitesten Sinne eine Voraussetzung für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben. Kultur ist zudem ein wesentlicher Faktor im Rahmen der Gesellschaft, als spirituelles Moment. Ohne dieses kann eine Gesellschaft nie auf einer humanistischen Basis existieren. Wenn ich zurückblicke, dann waren viele Highlights dabei, auf die ich heute noch stolz bin. Etwa die Zusammenarbeit mit Künstlern wie Herbert Fritsch und seinem Walsertor, Hanno Metzler mit dem Rheticus-Denkmal, Hannes Ludescher mit seinem Stein. Diese Dinge bleiben in Erinnerung. Wehmütig blicke ich auf das Feldkirch-Festival zurück, das leider unglücklich geendet hat. Der damalige Leiter, Herr Hengelbrock, wollte offensichtlich nicht mehr. Wer weiß, welche anderen Gründe dahinterstehen? Er hat es nicht mehr weitergemacht und ist etwas nach oben gefallen. Ich bedaure es sehr, dass dies schiefgegangen ist. Sehr gut allerdings war, als wir eine zweite Künstlerorganisation im Land bekommen haben, die sich in der Villa Claudia etabliert hat. Dies geschah mit Hilfe der Stadt Feldkirch. Bedauerlich fand ich allerdings, dass die Stadt die Sammlung Hirn – eine namhafte Sammlung – nicht gekauft hat. Aus verschiedenen Gründen war es nicht möglich, das Angebot anzunehmen. Zum bevorstehenden 800-jährigen Jubiläum wird es auch eine Aufarbeitung verschiedener Themen der Stadtgeschichte geben, z. B. Kulturgeschichte, Kunstgeschichte, politische Geschichte oder Kirchengeschichte. All diese und andere Themen werden in einem Band zusammengefasst. Mein Teil war die Kunstgeschichte von 1218 – 2018, immer unter der klaren Devise, bis 2018 ja, aber nur jene Künstler sollen erfasst werden, die nicht mehr leben. Denn lebende Zeitgenossen hineinzunehmen, hieße Präferenzen schaffen, die nicht gut sind. Ich bin der Meinung, Feldkirch hat nach wie vor einen sehr lebendigen künstlerischen Fundus mit guten Künstlern. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass das Palais Liechtenstein wieder ein notwendiges Zentrum von Kunst und Kultur in der Stadt Feldkirch wird. Dies kann dann Dinge abdecken, welches das Montforthaus nie abdecken kann. Ich hoffe auch, dass das Stadtarchiv dorthin zurückkehrt.

Eine weitere Ihrer vielen Tätigkeiten ist bei der Rheticus Gesellschaft, wo Sie als Obmann fungieren. Wie steht es um die Zusammenarbeit mit Historiker Gerhard Wanner?

Ruetz: Die Zusammenarbeit mit Dr. Wanner ist sehr freundschaftlich und funktioniert bestens! Wir sind eine historische Gesellschaft, haben uns aber auch in Richtung Natur ausgerichtet. Dort sind viele Dinge passiert. Denken wir etwa an die vielen Biotope in Feldkirch, wo sich Herbert Wust große Verdienste erworben hat. Bei der Rheticus Gesellschaft werden nicht nur Bücher, sondern während des Jahres Vorträge oder sogar Reisen zu besonderen kulturellen Zielen angeboten. Für so eine Gesellschaft ist es nicht selbstverständlich, mehr als 500 Mitglieder zu haben. Mich freut insbesondere, dass trotz früher Interpretationsschwierigkeiten mit der August-Malin-Gesellschaft eine sehr positive Zusammenarbeit entstanden ist, was kürzlich bei der Präsentation des Buches über die Russische Revolution 1917 der Fall war.

Dem noch nicht genug sind Sie ein leidenschaftlicher Reisender in Sachen Kultur. In Zusammenarbeit mit einem Vorarlberger Reiseunternehmen bieten Sie regelmäßig geführte Gruppenreisen nach Spanien und Ungarn an. Was gefällt Ihnen dabei?

Ruetz: Im Grunde genommen hat meine Reisetätigkeiten mit Bertolini Reisen Ende der 70er Jahre begonnen. Die erste Reise führte nach Andalusien. Ich habe die Reise rekognosziert, war mehrfach in Ägypten und der Türkei. In wunderschönen Ländern, welche vom kulturellen Interesse hoch spannend sind und zu den ganz großen Reiseländern gehören. Heute kann ich nicht mehr dorthin fahren. Neu habe ich Rumänien mit der Bukowina mit ihren außen und innen freskierten Kirchen hinzugewonnen. Diese sind äußerst faszinierend. Rumänien mag ein armes Land sein, das steht außer Frage, aber es ist im Aufbau begriffen. Es ist interessant, dort auf Reisen zu gehen und die Kulturschätze dieses Landes zu entdecken. Ich habe viele Länder bereist, aber es gibt noch so manches Wunschziel und ich hoffe, dass dies bald wieder möglich sein wird!

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