Montforter Zwischentöne 2021 – Vom Beenden zum Anfangen

© Urs Bosshard

4. November bis 1. Dezember 2021 im Montforthaus Feldkirch, Palais Lichtenstein, Vorarlberger Landeskonservatorium und an Küchentischen im ganzen Land. Transformation lautet heuer das Thema des innovationsstarken Festivals, das von nun an alljährlich über vier Novemberwochen hinweg eine so breit gefächerte wie konzentrierte Begegnung mit herausragender Musik in kreativem Zusammenspiel mit anderen Künsten, Alltagskultur und gesellschaftspolitischen Fragen eröffnet. Vom Begräbnis zum Aufhören bis zum Abschlusskonzert für einen guten Beginn.

Seit ihrem Beginn im Frühjahr 2015 verfolgen die Montforter Zwischentöne das Ziel, eine zeitgenössische Festivalform zu etablieren, die Neue und Alte Musik mit anderen Künsten und Alltagskultur mittels innovativer Formate verbindet, um eine vielfältige und unmittelbare ästhetische Erfahrung zu ermöglichen. Statt wie bisher drei Mal im Jahr findet das Festival nunmehr alljährlich konzentriert auf vier Wochen statt, wodurch der Jahresschwerpunkt voll und ganz ausgeschöpft werden soll. Passend zu diesem Novum wie auch zum Spätherbst und nicht zuletzt in Bezug auf unser aller Erfahrungen der letzten eineinhalb Jahre, widmen sich die Montforter Zwischentöne 2021 dem Thema Transformation. Unter dem Titel ‚Vom Beenden zum Anfangen‘ lädt das Festival vom 4. November bis 1. Dezember zu einem überaus bunten Programm an musikalischen Darbietungen. So auch im Dialog mit anderen Kunst- sowie Wissenschaftssparten, von der Literatur, Fotografie und Performance bis zur Philosophie und Soziologie. Gemäß dem Selbstverständnis der Montforter Zwischentöne bietet sich den Mitwirkenden wie dem Publikum eine wechselseitig inspirierende, ästhetisch vielgestaltige, intensive Auseinandersetzung mit persönlichen und gesellschaftlichen Fragen.

„In den vier Novemberwochen laden wir dazu ein, den eigenen Wurzeln nachzuspüren, über das Heilige nachzudenken, Utopien wirken zu lassen und in vielfältiger Hinsicht Transformation zu erleben“, erläutert der künstlerische Leiter Hans-Joachim Gögl zum heurigen Thema. „Und natürlich gibt es auch wieder viel herausragende Musik zu hören – mal als Hauptsache, mal als Reflexionsraum“, wie der künstlerische Co-Leiter Folkert Uhde ergänzt. Stimmig zur dunklen Jahreszeit geht es um Blicke nach innen, ums Verabschieden, aber auch ums Beginnen – ein Festival zwischen Beenden und Anfangen. Der nunmehrige zeitliche Rahmen verspricht dabei mehr Konzentration und bewusst gelebte Nachhaltigkeit. Letzteres bezieht sich auch auf den längeren Aufenthalt von Musikschaffenden dank des neuen Impulses ‚Zwischentöne Musicians in Residence‘. Das umweltschädliche Reisen zu Kurzaufenthalten wird reduziert, zudem erhöht das Mitwirken an mehreren Veranstaltungen die künstlerische Qualität und ermöglicht einen vertieften Kontakt zum Publikum.

Zu den Montforter Zwischentönen geladen sind wieder Künstlerinnen und Künstler von großem internationalem Renommee wie die Gambensolistin Hille Perl, der Bass-Bariton Christian Immler oder die aus Bregenz stammende Sopranistin Miriam Feuersinger. Die Kooperation hervorragender SolistInnen und Ensembles aus der Region, wie dem Concerto Stella Matutina, mit internationalen Größen gehört ebenso zum Festivalkonzept wie die Interaktion mit namhaften KünstlerInnen und ExpertInnen aus diversen Sparten. Dazu zählen dieses Jahr die israelische Fotografin Orly Zailer, der deutsche Soziologe und

Sozialphilosoph Hans Joas, der Autor und Publizist Ilija Trojanow und der österreichische Philosoph Robert Pfaller. Ein Großteil der Veranstaltungen sind wieder Neuentwicklungen und Uraufführungen, wobei auch die durch künstlerische Intervention zum Teil zusätzlich atmosphärisch aufgeladenen Veranstaltungsorte das ihre zum innovativen Charakter und synästhetischen Erlebnis beitragen. Im Folgenden ein Überblick über das Programm:

04.11.–15.11. Salon Paula – Musikerinnen und Experten am eigenen Küchentisch

Mit dem ‚Salon Paula‘ bieten die Montforter Zwischentöne seit Beginn die Gelegenheit der Begegnung mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten in den eigenen vier Wänden. In ganz Vorarlberg können Interessierte dabei im kleinen Kreis der eigenen Gäste mit dem bzw. der geladenen KünstlerIn oder ExpertIn in Dialog treten und einen unterhaltsamen Abend mit großer Musik, neuen Perspektiven und inspirierenden Diskussionen rund ums Jahresthema verbringen. Die Bewerbungsfrist als GastgeberIn läuft bis 13. Oktober, wobei der Termin zu beachten ist, an dem der gewünschte Gast für den Salon Paula zur Verfügung steht.

Eingeladen werden können die Richterin Yvonne Summer (06.11.), Vertreterin der Republik in der europäischen Richtervereinigung, die einen Blick hinter die Kulissen einer zentralen Institution unseres Gemeinwesens ermöglicht, oder auch der Künstler Mark Riklin (08.11.), Schweizer Landesvertreter des Vereins zur Verzögerung der Zeit, der während des Festivals in Zusammenarbeit mit der Architektin Bianca Anna Böckle im Stadtraum von Feldkirch eine ‚Innehaltestelle‘ gestaltet. Weiters die Sängerin Miriam Feuersinger (09.11.), die zu den international erfolgreichsten Musikerinnen Vorarlbergs gehört, sowie jeweils am 15.11. der meisterliche Tiroler Lautenist David Bergmüller, Professor an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln, oder die Harfenistin Luise Enzian, die zu den vielversprechendsten jungen Harfenvirtuosinnen im deutschsprachigen Raum zählt. Enzian und Bergmüller sind auch die beiden ‚Zwischentöne Musicians in Residence‘ in diesem Jahr. Am selben Datum steht Folkert Uhde, einer der beiden Erfinder und künstlerischen Leiter des Festivals, zur Verfügung, dem u. a. das Thema Regionalentwicklung durch Kultur ein großes Anliegen ist.

Salon Paula. © Victor Marin

06.11.2021-06.01.2022 Fotoausstellung von Orly Zailer und Vermittlungsprogramm

Am ersten Termin des Salon Paula (04.11.) kann die Fotokünstlerin Orly Zailer eingeladen werden, die durch ihre Rekonstruktionen historischer Familienporträts international bekannt wurde. Bei der Ausstellung im Palais Liechtenstein vom 06.11.2021 bis 06.01.2022 werden in Vorarlberg erstmals 20 ihrer Arbeiten zu sehen sein, die in der Region entstanden. In ihrer Werkserie lässt sie Töchter und Söhne, Enkel- oder Urenkelkinder für einen Moment in die Rolle von deren Ahnen schlüpfen, indem jahrzehntealte Fotografien nachgestellt werden. Die vermeintlichen Doppelgängerschaften haben meist eine magische Ausstrahlung, womit Orly Zailer eine intensive Auseinandersetzung mit Identität und Erinnerung anzustoßen weiß.

Die Eröffnung der Ausstellung erfolgt am Freitag, 5. November, 18-19 Uhr, wobei zuvor in der Talkshow ‚Gruß aus der Küche‘ die Festivalleiter Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde Hintergrundinfos und Mitwirkende, mit musikalischen Kostproben, präsentieren werden. In der Zeit der Montforter Zwischentöne lädt dann ein facettenreiches Vermittlungsprogramm zur vertiefenden Auseinandersetzung mit der Ausstellung. So etwa Musikimprovisationen

des Kollektiv XYlit aus Leipzig, das als interdisziplinäre Performance-Gruppe neuartige künstlerische Formen und Klänge erprobt und 2020 den Hugo-Wettbewerb der Montforter Zwischentöne für neue Konzertformate gewann. Eine Ausstellungsführung der Künstlerin selbst bietet sich des Weiteren ebenso an wie die Erzählungen von drei Dargestellten auf den Fotografien oder auch ein Gespräch des Ausstellungskurators Hans-Joachim Gögl mit dem Familientherapeuten Edwin Drexel über innere und äußere Bilder.

Totenrede des Philosophen Robert Pfaller sowie Morgenkonzert mit Ilija Trojanow

Am Freitag, 12. November, 19-20.30 Uhr hält Robert Pfaller, Professor für Philosophie an der Kunstuniversität Linz, unter dem Titel ‚Das Begräbnis der Distanz’ einen Nachruf auf die Zeit der Pandemie und wird u. a. reflektieren, was wir aus dieser gelernt haben könnten. Umrahmt wird seine „Predigt“ von Fürbitten, gelesen von Helga Pedross, und musikalisch von Luise Enzian und David Bergmüller. Die Raumgestaltung im Alten Hallenbad Feldkirch übernimmt Architektin Bianca Anna Böckle, die an der Universität Liechtenstein unterrichtet.

Eine gedanklich und atmosphärisch wohl ebenso fesselnde Veranstaltung bietet sich keine 12 Stunden später am Samstag, 13. November, 7-8 Uhr am selben Ort. ‚Nachtgesichter, Morgenland‘ lautet die Lesung des für seine Romane, Reisereportagen und Streitschriften international gefeierten Autors Ilija Trojanow. Während des Übergangs von Nacht zu Tag (Sonnenaufgang um ca. 7.30 Uhr) wechselt er vom literarischen Alptraum zur freudvollen dichterischen Utopie, mit musikalischem Echo von Luise Enzian und David Bergmüller.

Am Dienstag, 16. November, 20-22 Uhr wird ins ORF-Publikumsstudio nach Dornbirn geladen (Eintritt frei), wo Künstlerinnen und Künstler und die beiden Leiter der Montforter Zwischentöne darüber diskutieren ‚Womit wir im Kulturbetrieb beginnen sollten aufzuhören‘.

Die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach mit drei Predigten von Hans Joas

Als Einstimmung auf die beiden Konzerte am darauffolgenden Wochenende empfiehlt sich am Mittwoch, 17. November, 18-19 Uhr die Talkshow ‚Was Sie schon immer über Bachs h-Moll-Messe wissen wollten‘. Folkert Uhde erörtert im Gespräch mit Mitwirkenden der Zwischentöne-Neuproduktion die Geschichte, Struktur und Höhepunkte des Werks.

Ebenfalls im Montforthaus Feldkirch kommt dann am Freitag, 19. November sowie am Samstag, 20. November jeweils von 19 bis 21.30 Uhr die h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach zur Aufführung – eines der größten Meisterwerke der Musikgeschichte. Zu hören sind das Ensemble Concerto Stella Matutina und der Kammerchor Feldkirch unter Benjamin Lack sowie als Solisten die Sopranistin Miriam Feuersinger, die angesehene Altistin Marian Dijkhuizen, der in der Barockmusik gefragte Tenor Georg Poplutz und der vielfach preisgekrönte Alt-Tenor Christian Immler. Eingeflochten zwischen den drei Sätzen der h- Moll-Messe werden prägnante Reflexionen über das Heilige von Hans Joas, der zu den herausragenden Religionssoziologen der Gegenwart zählt. Er lehrt an der Humboldt- Universität zu Berlin sowie der University of Chicago und ist u. a. Träger des Max-Planck- Forschungspreises sowie des Prix Paul Ricoeur.

3 hochspannende Performances in reizvoller Wechselwirkung mit Musik aller Art

Suspense à la Tarantino wird am Donnerstag, 25. November, 19-20.30 Uhr im Festsaal des Vorarlberger Landeskonservatoriums in Feldkirch geboten. Bei der Performance – in dynamischem Zusammenspiel von Literatur, Schauspiel, Musik und Improvisation – zieht die Ballade ‚Die Füße im Feuer‘ von Conrad Ferdinand Meyer von Beginn an in ihren Bann und gibt ein Lehrbeispiel für den Verzicht auf Vergeltung als Befreiungsakt. Zwischen den Strophen, rezitiert von den Schauspielern Felix Defér und David Kopp, improvisieren die Richterin Yvonne Summer, der Theologe und Probst von St. Gerold im Großen Walsertal Pater Martin Werden, die Erzähler Wolfgang Mörth und Verena Roßbacher sowie der Vorarlberger Gitarrenvirtuose Oliver Rath an der E-Gitarre und Martin Grabher, Percussion.

Traumlandschaften, beseelt von einem Jahrhunderte überspannenden musikalischen Bogen, lassen sich am Samstag, 27. November, 19-20.30 Uhr in der Barockkapelle des Vorarlberger Landeskonservatoriums bewundern. Bei ‚Light Works‘ wird die Künstlerin Roos van Haaften in ihrer Licht-und-Schatten-Performance mittels einfacher Gegenstände magische Bilder an die Wand werfen, während die Company of Music, Österreichs einziges professionelles Vokalensemble mit eigenem Zyklus im Wiener Konzerthaus, Meisterwerke der Renaissance wie auch zeitgenössische Kompositionen mit diesen in Dialog treten lässt.

Gleich drei Gelegenheiten, um 11, 15 und 19 Uhr, bieten sich Sonntag, 28. November, um von der interdisziplinären Wandelperformance ‚queerfeldein‘ über nicht-konventionelle Liebesbeziehungen durchs Schloss Amberg in Feldkirch begleitet zu werden. Das kollektiv CONTEMPORAMENT – Hugo-Gewinner 2021, die mit dem Konzertformat Jury wie Publikum begeisterten – performt zu Schuberts Skizzen-Oper über den Bigamisten ‚Graf von Gleichen‘, zu eigenen Kompositionen und jenen des Vorarlberger Komponisten Richard Dünser sowie Texten, Pianoklängen und Interviews mit queeren Menschen aus der Region.

Adventkonzert ‚Zum Licht‘ am Mittwoch, den 1. Dezember 2021

Seinen Ausklang findet das Festival am Mittwoch, 01. Dezember, 19.30-21 Uhr mit dem Adventkonzert ‚Zum Licht‘. Melodien aus dem 17. Jh. zeugen dabei von all der Kraft, die in der Hoffnung liegt. Vorgetragen werden die musikalischen Weisen vom Ensemble Sirius Viols sowie Echo-Klassik-Preisträgerin Miriam Feuersinger und der ebenfalls (mehrfach) mit dem Preis bedachten Hille Perl, die als eine der großen Gambensolistinnen unserer Zeit gilt.

Weitere Infos, darunter das detaillierte Programm, sowie Tickets finden sich ab sofort auf www.montforterzwischentoene.at

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