In nicht wenigen europäischen Ländern haben in den letzten Jahren teilweise oder vollständige Legalisierungen von Cannabis und seinem psychotropen Wirkstoff THC stattgefunden. Zum Teil haben sich jedoch auch nur die Rechtsprechung oder Justizverordnungen im Zusammenhang mit dem Konsum, Besitz oder Anbau von Cannabis geändert. Dadurch ist die Rechtslage in Ländern wie Österreich oder Deutschland, in denen Cannabis bisher nicht legalisiert wurde, nicht gerade klarer geworden.
Cannabis nach wie vor illegal
Der psychotrope Wirkstoff THC, der in den Blüten der weiblichen Cannabispflanzen zu finden ist, wird in Deutschland durch das Betäubungsmittelgesetz und in Österreich durch das Suchtmittelgesetz reguliert. Beide Länder stellen den Besitz und die Weitergabe von THC-haltigem Cannabis nach wie vor unter Strafe, allerdings hat bezüglich des persönlichen Gebrauchs oder des Eigenbedarfs eine Entkriminalisierung stattgefunden.
So werden derzeit sowohl in Österreich als auch in Deutschland geringfügige Verstöße gegen das Sucht- oder Betäubungsmittelgesetz nicht mehr mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft. Ausschlaggebend für die Strafe ist dabei die Menge an Cannabis oder THC und die Häufigkeit, in der Verstöße festgestellt werden. In beiden Ländern werden aufgrund des Besitzes geringfügiger Mengen an Cannabis in der Regel keine Strafverfahren mehr eröffnet.
In Österreich ist eine geringfügige Menge THC durch die Grenzmengenverordnung mit 20 Gramm definiert. Bei einem Reinheitsgrad von zehn Prozent entspräche dies 200 Gramm Marihuanablüten. Diese Regelung entlastet Cannabisnutzer zwar, ist aber nicht gerade transparent, da der THC-Gehalt in Cannabisblüten für Laien nicht feststellbar ist. Im Eigenanbau dürfte ein Reinheitsgrad von zehn Prozent realistisch sein, aber im illegalen gewerblichen Verkauf werden auch potentere Sorten angeboten.
Wird einmal innerhalb von fünf Jahren ein geringfügiger Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz festgestellt, haben Cannabisnutzer lediglich einen Eintrag ins Suchtmittelregister zu befürchten. Bei einem erneuten Verstoß können sowohl medizinische Maßnahmen verordnet werden als auch Geld- oder Freiheitsstrafen verhängt werden. Die Weitergabe von Cannabis und der Anbau zum Zweck der Weitergabe werden allerdings weiterhin mit Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren belegt.
Entkriminalisierung und teilweise Legalität
Da Cannabis nach wie vor illegal ist, kann man sich darüber verwundern, dass in größeren Städten derzeit Grow- und Headshops wie Pilze aus dem Boden schießen. Das liegt zum einen daran, dass jüngst CBD-Produkte, die kein bis kaum THC enthalten, legalisiert wurden und seither immer beliebter werden. Zum anderen liegt es daran, dass der Anbau von Cannabis streng juristisch gesehen auch nicht illegal ist, solange die Pflanzen noch kein oder nicht ausreichend THC produziert haben.
Nicht alle Cannabispflanzen produzieren überdies THC. Männliche Pflanzen oder Cannabispflanzen vom Stamm Ruderalis etwa produzieren so gut wie gar kein THC, weshalb ihr Anbau grundsätzlich legal ist. Cannabissamen online zu erwerben ist daher weder schwierig noch illegal. Der Anbau von weiblichen Cannabispflanzen zum Zweck der Suchtmittelgewinnung ist jedoch weiterhin verboten. Nachweisen kann man dies streng genommen erst, wenn die Pflanzen beginnen, zu blühen, da erst dann THC produziert wird. Somit ist der Anbau nicht per se verboten und auch die Dienstleistungen der Grow- und Headshops sind daher legal.
Wie geht es weiter?
Viele europäische Länder wie Spanien, Tschechien oder Holland haben noch wesentlich liberale Gesetze bezüglich des Anbaus, Konsums und Besitzes von Cannabis und auch Deutschland wird höchstwahrscheinlich Anfang 2024 weiter legalisieren. Derzeit hat die österreichische Bundesregierung noch keine Pläne in diese Richtung verlautbaren lassen, aber der europäische Trend ist eindeutig.
Selbst wenn der politische Wille zur Legalisierung fehlt, wird eine Strafverfolgung de facto immer schwieriger, wenn immer mehr Nachbarländer Cannabis legalisieren. Durch den Wegfall der Grenzkontrollen im Schengenraum passieren nicht nur Personen, sondern auch Betäubungsmittel barrierefrei die Grenzen. Die Liberalisierung in den USA zeigt außerdem, wie viele Steuereinnahmen sich Länder entgehen lassen, die das Cannabis weiterhin dem Schwarzmarkt überlassen.
Die Entkriminalisierung des Besitzes kleiner Mengen THC-haltigen Marihuanas dürfte auch nicht zu einer übermäßigen Motivation der Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung von Cannabisdelikten führen. Zudem zeigt die Verschiebung bei der Ahndung solcher Delikte von einer Bestrafung hin zu Gesundheitsmaßnahmen eine grundsätzlich andere Perspektive auf Suchtmittel und ihren privaten Gebrauch. Dieser wird zunehmend als Gesundheitsthema und immer weniger als Gegenstand der öffentlichen Rechtsordnung gesehen. Eine weitere Entkriminalisierung und Legalisierung dürfte daher auch für Österreich auf der Tagesordnung stehen.